Delphi, Berlin Inhalt Bild & Clip weiter zurück
PERSONALIEN
Personalien sind oft nicht leicht zu
handhaben. Wenn einer Karriere macht, kommt
es drauf an, wo er das macht. Und wie.
Swing unter den Nazis? In Berlin wird ein
anderes Lied gesungen.
Albers, Hans
Schauspieler. * 1891, + 1960. Trennt sich im Oktober
1935 scheinbar von der jüdischen Schauspielerin Hansi Burg,
mit der er seit Mitte der 20erjahre zusammengelebt
hat. Hält sich aber im November 1936 mit ihr besuchsweise
in England auf. Bekommt 1937 wegen der „heimlichen
Beziehung“ erneut Schwierigkeiten. Hansi Burg flieht 1939
über die Schweiz nach England. Siehe Mehring, Walter.
Alberti Musikalien
„Amerik. Platten“ steht am Schaufenster des Musikhauses
Alberti gegenüber der Gedächtniskirche, Ecke
Tauentzienstrasse / Rankestrasse.
Das Musik-Echo, die Kundenzeitschrift, redigiert
Adalbert Schalin, der als Prokurist bei Alberti arbeitet und 1934
darauf hinweist, dass das Saxophon keineswegs
ein artfremdes Musikinstrument sein könne, da es von dem
„arischen“ Belgier Adolf Sax erfunden worden sei.
Kurz darauf muss das Musik-Echo eingestellt werden. Ladenbesitzer Alberti, ein Jude, flieht 1934 aus
Deutschland. Ein Mitarbeiter führt das Geschäft weiter.
Amberg, Charlie
Der Textdichter für Ufa-Star Marikka Rökk (Und du,
mein Schatz, fährst mit) ist zugleich Übersetzer der Songtexte
zu Broadway Melody of 1936.
Andrew Sisters
Erster Hit: Bei mir bist du schön.
Arendt, Hannah
Den Liedtext zu Ein Freund, ein guter Freund schreibt
Robert Gilbert in Berlin zwar für den Ufa-Film Die Drei von der
Tankstelle, aber „ein Freund, ein guter Freund“ ist in
seinem Leben – und in Paris auch in seinem Emigrantenleben –
wirklich da: Es ist Heinrich Blücher, der 1940 die
Philosophin Hannah Arendt heiratet.
Arlen, Harold
Komponist. * 15. 2. 1905 Buffalo, New York.
Sohn eines Kantors. Filmmusik Wizard of Oz, 1939.
Armstrong, Louis
(Satchmo) Trompeter, Sänger, Bandleader,
„King of Jazz“. * 4. 8. 1901 New Orleans. + 6. 7. 1971 New
York. Big-Band-Chef Fletcher Henderson holt
ihn 1924 nach New York. 1932 kommt die erste Einladung
aus London. Fortan reist Armstrong erst mit wechselnd
zusammengesetzten Big Bands, dann mit den All Stars rund
um den Globus.
Dizzy Gillespie: „Ihm ist etwas Einmaliges gelungen.
Er hat ein riesengrosses Publikum erreicht und ist dabei nie
unter sein Niveau gegangen.“
Astaire, Fred
(Frederick Austerlitz) Tänzer, Sänger, Schauspieler,
Choreograph. * 10. 5. 1899 Ohama, Nebraska. + 22. 6. 1987
Beverly Hills, California. 1932 Flying Down to Rio;
1934 The Gay Divorcee; 1935 Roberta; Top Hat; Follow the
Fleet; 1936 Swing Time; 1937 A Damsel in Distress;
Shall We Dance; 1938 Carefree.
Baarova, Lida
(Ludmila Babková) Schauspielerin. * 1914 Prag, + 2000
Salzburg. Sie wird zur Mätresse von Goebbels,
der mit Familie 1936 ihr neuer Nachbar auf Schwanenwerder
ist, wo sie mit Gustav Fröhlich eine 12-Zimmer-Villa
bewohnt.
Als Hitler 1938 erfährt, der Propagandaminister
wolle sich scheiden lassen, verfügt er wütend das Ende der
Liaison und verhängt ein inoffizielles Arbeitsverbot
über den Ufa-Star, von dem er einst „wie gebannt“ gewesen
sein soll.
Posthum erscheinen ihre Memoiren: Lida Baarova,
Die süsse Bitterkeit meines Lebens, Koblenz 2001.
Baker, Josefin
Josefine Baker schreibt: „Neue Kunsthandlung,
Tauentzienstrasse 6, 18. Februar 1926 – Kostümball. Ein enger
Raum, Männer und Frauen wie die Heringe aneinandergepresst.
Sehr viele Neger waren da bei dieser Angelegenheit
dabei. Ich gehörte zu den Schiedsrichtern. Die Dame mit der
besten Maske sollte prämiert werden.“
„Ich habe Berlin im Morgengrauen gesehen. Berlin ist
eine ganz französische Stadt. Eine sehr schöne Stadt, sauber, hell, ordentlich.“ In Josefine Baker, Memoiren, München 1928.
Barnet, Kary
(Charlotte Treml) Tritt als Sängerin im November 1942
in einem Militärlazarett mit Heinz Wehner und seiner
Band auf, im Dezember 1943 mit Friedrich Meyer und der
Big Band des Soldatensenders Belgrad.
Beckmann, Hans Fritz
Textet den Walzer Ich bin auf der Welt um glücklich zu sein.
Beiderbecke, Bix
Jazzhornist, -pianist, -komponist. * 10. 3. 1903 Davenport,
Iowa. + 6. 8. 1931 New York. 1938 erscheint die
Biographie Young Man with a Horn von Dorothy Baker.
Berkeley, Busby
(William Berkeley Enos) Tänzer, Choreograph,
Filmregisseur . * 29. 11. 1895 Los Angeles. + 14. 3. 1976
Palm Springs, California.
Die Eltern – beide im Show Business tätig – ziehen kurz
nach seiner Geburt nach New York um. Gibt 5jährig
sein Bühnendebut. Besucht während fünf Jahren die Mohegan
Lake Military School.
Hat 21 Broadway-Musicals inszeniert, als Sam
Goldwyn ihn 1930 nach Hollywood holt. 1930 entsteht
Whoopee, 1933 Footlight Parade. Der Film wird
von Larry Ceballos fertiggestellt, als Busby Berkeley die
Drehzeit überschreitet.
1933 Forty-Second Street; Gold Diggers of 1933;
Roman Scandals: 1934 Dames; Fashions of 1934; Twenty
Million Sweethearts; Wonder Bar; 1935 Bright Lights;
Go Into Your Dance; Gold Diggers of 1935 (mit den Nummern
Lullaby of Broadway und The Words are in My Heart für
den Academy Award nominiert); I Live for Love; In Caliente;
Stars over Broadway;
1936 Gold Diggers of 1937 (mit der Nummer
Love and War für den Academy Award nominiert); Stage
Struck; 1937 Hollywood Hotel; The Singing Marine;
Varsity Show (mit der Nummer The Finale für den Academy
Award nominiert);
1938 Garden of the Moon; Gold Diggers in Paris;
1939 Babes in Arms; Broadway Serenade; The Wizard of Oz;
They Made Me a Criminal; 1940 Strike Up the Band.
Busby Berkeley sagt: „If you go through all my pictures you
will see very little actual dancing. It wasn’t because I didn’t
know how to create it or do it, but I wanted to do something new
and different. Something that has never been seen before.
Had they ever seen seventy or a hundred pianos waltzing? Had
they ever seen lighted violins before?“ In Bob Pike/Dave
Martin, The Genius of Busby Berkeley, Reseda, California 1973.
Berlin, Irving
(Israel Baline) Komponist. * 11. 5. 1888 Temun,
Sibirien. + 22. 9. 1989 New York. Ist vierjährig, als seine
Eltern – der jüdische Kantor Moses Baline und
Ehefrau Leah – mit acht Kindern vor einem zaristischen
Pogrom in die USA fliehen.
Wächst in New Yorks Lower East Side auf. Als 1896
sein Vater stirbt, schlägt Israel sich in Bowery und Chinatown als
Sänger und Kellner durch. Nebenrollen im Revuetheater.
Wird als singender Kellner 1906 in Pelharn's Café
engagiert. Schreibt 1907 den Text zum Lied Marie from Sunny
Italy, das der Pianist des Lokals in Noten setzt und
an einen Verleger verkauft. Dieser missversteht den Namen
Baline und lässt auf die Noten I. Berlin drucken.
Berlin bringt sich selbst Klavierspielen bei. Komponiert 1911
AIexander´s Ragtime Band, 1914 Watch Your Step (mit
dem Hit-Song Play a Simple Melody), 1915 Stop, Look, Listen,
1916 Century Girl, 1917 The Cohan Revue, 1917 Mr. Jazz
Himself, 1918 Yip, Yip, Yaphank; God Bless America.
Inzwischen arbeitet Berlin für Ziegfeld, 1920 macht
er ein eigenes Theater auf, das Music Box Theatre. 1927
Broadway-Musical Ziegfeld Follies. Berlin ist
Geburtshelfer des „Talkie“ mit seinem Song BIue Skies,
den Al Jolson in The Jazz Singer singt.
Es folgen 1929 Cocoanuts mit den Marx Brothers,
1932 Say It Isn't So, dann Face the Music, As Thousand Cheer,
schliesslich die Hollywood-Musicals für Fred Astaire
und Ginger Rogers – 1935 Follow the Fleet und Top Hat, 1937
On the Avenue, 1938 Alexander’s Ragtime Band und
Carefree.
Bertinat, Buddy
Musiker der Original Teddies: Pianist.
Bierott, Walter
Musiker der Original Teddies: Posaunist, Arrangeur.
Böhme, Erich
Musiker der Original Teddies: Posaunist.
Bolvary, Geza von
Verwendet im Film Die unruhigen Mädchen den Foxtrott
Mir hat heute Nacht geträumt.
Bonjour, Casi
Musiker der Original Teddies: Trompeter.
Böhme, Erich
Musiker der Original Teddies: Posaunist.
Brown, Nacio Herb
Komponist, Songwriter. * 22. 2. 1896 Deming, New
Mexico. + 28. 9. 1964 San Francisco. Führt von 1916 an mit
Erfolg einen „menswear store“ in Beverly Hills, macht
ein kleines Vermögen im Grundstückhandel und schreibt
nebenbei Songs. When Buddha Smiles (Texter ist
Arthur Freed) wird 1921 ein US-Hit. Geht 1929 zu MGM
unter Irving Thalberg. Mit The Broadway Melody
entsteht das erste Musical in Spielfilmlänge.
Brückner, Hans
„Schriftleiter“ des Deutsches Podiums. Eifrig bemüht um
„Arisierung“ der Tanzmusikszene. Legt 1935 den
Führer Das musikalische Juden-ABC auf eigene Kosten vor.
1936 vermerkt eine zweite „verbesserte“ Auflage
unter Benny Goodman: „Jazzmusiker, Leiter einer Jazzkapelle
in London“. 1938 lässt er noch eine dritte Auflage folgen.
Michael H. Kater schreibt: „Um diese Konfusion
zu beheben, brachte der ehemalige Münchner Operettentenor
Hans Brückner, ein fanatischer Nazi-Einfaltspinsel
und persönlicher Freund des Nürnberger Judenhetzers Julius
Streicher, zusammen mit der ebenso konfusen Christa
Maria Rock, der Frau eines Düsseldorfer Zahnarztes, 1935 eine
Liste jüdischer Musiker heraus, die den Anspruch auf
Fehlerlosigkeit erhob.“
„Sie führte vor allem Interpreten der leichten Musik auf,
doch lag ein Schwerpunkt auch auf weithin bekannten
Vertretern der ernsten Musik. Einige Monate nach
dem Erscheinen dieses Handbuchs stellte Rosenbergs
Parteiorgan Die Musik jedoch fest, dass es alles
andere als zuverlässig war.“
„Zum Beispiel hatte es den deutschen Komponisten
Max Bruch (1858–1920) als Juden bezeichnet und behauptet,
dass der berühmte Dirigent Erich Kleiber – angeblich
Erich „Klaiber“ – ebenfalls jüdischer Abkunft sei.“
„Als Ralph Benatzky, der Komponist populärer Operetten
und musikalischer Lustspiele, lesen musste,
dass er Jude sei, protestierte er so energisch, dass sich
sogar Goebbels aufregte.“
„Diese Fehler, zu denen auch viele Auslassungen
gehörten, waren so peinlich, dass Brückner und seine Genossin
gezwungen waren, 1936 eine revidierte Fassung
herauszubringen, die ebenfalls voller Fehler steckte.“
„Die Details über Bruch, Kleiber und Benatzky waren
korrigiert worden, doch die Auslassungen waren geblieben (so
fehlten der Komponist Alexander von Zemlinsky und
der Cellist Matyas Seiber).“
„Inzwischen tappten auch die Funktionäre von
Goebbels’ Grossdeutschem Rundfunk im Dunkeln, weil sie
es versäumt hatten, eine Akte von jüdischen Künstlern
anzulegen.“
„Noch 1938 beziehungsweise 1939 herrschte totale
Unkenntnis hinsichtlich der ethnischen Herkunft des
amerikanischen Dirigenten Leopold Stokowski und des
französischen Komponisten Camille Saint-Saëns,
die beide keine Juden waren.“
In Michael H. Kater, The Twisted Muse, New York 1997
(auf deutsch Die missbrauchte Muse, Musiker im Dritten
Reich, München/Wien 1998).
Bujka, Bertalan
Musiker der Original Teddies: Klarinette, Altsaxophon,
Violine, Arrangements. * 20. 5. 1913 Budapest.
Denunziert 1938 in Berlin die Band. Bleibt trotzdem bis 1945
bei den Original Teddies.
Im Protokoll der Einvernahme, bei welcher er am 8. 9.
1938 Teddy Stauffer, Jack Trommer, Pole Guggisberg und Billy
Toffel denunziert, ist sein Wochenverdienst mit RM 900
brutto angegeben. Am 12. 9. 1938 wird Bujkas Aussage der
Gestapo (Abteilung C II b, Alexanderstrasse 10)
zugestellt.
Burzynski, Heinz
Bandleader, Trompeter. * 17. 6. 1910 Berlin. Spielt
während des Zweiten Weltkriegs im Delphi, tritt als Komponist
(Nun soll kein Tag mehr ohne Liebe sein) hervor.
Calloway, Cab
Sänger, Bandleader. * 25. 12. 1907 Rochester, New York.
Kommt 1929 mit der Revue Hot Chocolates heraus.
Folgt als Hausorchester im Cotton Club 1931–1932 Duke
Ellington. 1934 Europa Tournee. Tritt in mehreren
Hollywood-Filmen auf.
Candrix, Fud
Bandleader, Tenorsaxophonist. * 17. 7. 1908 Tongeren,
Belgien. Gründet Mitte 30er Jahre eigene Swingband, wird
Mai/Juni 1942 im Delphi gefeiert.
Chevalier, Maurice
Hollywood-Filmschauspieler, Chansonnier. Kehrt 1939
nach Frankreich zurück. Tritt 1940 in der Schweiz für
zwei Wochen in Teddy Stauffers grosser Bühnenschau auf –
„ein neuer Höhepunkt“ für die Band.
Maurice Chevalier ist der Weltstar, der von Ernst
Lubitsch nach Hollywood geholt worden ist. Hat The Love
Parade gemacht, 1932 One Hour with You und Love
Me Tonight, 1933 A Bedtime Story und The Way to Love,
1934 The Merry Widow, 1935 Folies Bergère,
1937 The Beloved Vagabond und 1939 With a Smile.
Cock, Omer de
Musiker der Original Teddies: Saxophonist.
Comedian Harmonists
„Der Präsident der Reichsmusikkammer. Berlin den 22.
Februar 1935. Geschäftszeichen 3531/34 (In der Antwort
anzugeben). Herrn Robert Biberti, Bln.-Charlottenburg,
Carmerstr. 11. Sie werden hiermit auf Ihren Antrag als Mitglied
der .Reichsmusikerschaft´ in die Reichsmusikkammer
aufgenommen. Die Aufnahme der drei nichtarischen Angehörigen
der ,Comedian Harmonists´ habe ich abgelehnt. Diese
haben dadurch das Recht auf Berufsausübung verloren. Damit
ist Ihnen die Möglichkeit genommen, noch weiterhin
mit diesen Nichtariern zu musizieren. Jedoch bleibt es Ihnen
unbenommen, mit anderen arischen Musikern nach
Zulegung eines deutschen Namens anstelle der Bezeichnung
,Comedian Harmonists´ Ihre musikalische Tätigkeit
auszuüben. – I. A. gez. Ihlert – beglaubigt: Bieler.“ In Eberhard Fechner, Die Comedian Harmonists, Sechs Lebensläufe,
Weinheim/Berlin 1988.
Der Westen, 3. 12. 1933: „In der Philharmonie – sangen
die Comedian Harmonists. Dieselben, die in der
marxistischen Zeit mit ihrem widerlichen Gequäke Schlager
übelster Sorte mit Vorliebe verbreiteten. Sie haben
sich nunmehr auf Volkslieder umgestellt und flugs ein Konzert
,Zum Besten des Winterhilfswerks´ arrangiert. Das
Programm enthielt die Schöne Isabella von Kastilien und
den Onkel Bumba aus Kalumba neben In einem
kühlen Grunde und Guter Mond, du gehst so stille. – Da
ein solches geschäftstüchtiges Gebaren keine Kritik
verdient, begnüge ich mich mit dem reinen Tatbestand, ohne
an die Ausführung selbst ein unangebrachtes
kritisches Wort zu verschwenden. – Dr. Fritz Stege.“
Crosby, Bing
(Harry Lillis) Schauspieler, Sänger. * 2. 5. 1904 Tacoma,
Washington. + 14. 10. 1977 Madrid. Macht 1942 –
mitten im Zweiten Weltkrieg – das Hollywood-Musical
Holiday Inn mit dem Irving-Berlin-Song
White Christmas.
Dietrich, Marlene
Schauspielerin. Wird in Berlin mit Der blaue Engel
zum Star. Ihr Entdecker und Regisseur ist Josef von Sternberg,
mit ihm arbeitet sie in Hollywood weiter. Und über ihn
sagt Marlene Dietrich: „Nur einmal stimmte er zu, dass ich
einen Film ohne ihn drehte – es war Song of Songs.
Das sollte sich als ein Fehlschlag erweisen.“ In Marlene
Dietrich, Nehmt nur mein Leben, München 1979.
Siehe Hollaender, Friedrich.
Dobschinski, Walter
Auch Dobrzinski geschrieben. Musiker der Original
Teddies: Posaunist, Arrangeur.
Doelle, Franz
Deutscher Komponist. * 9. 11. 1883 Mönchengladbach.
15. 3. 1965 Leverkusen. Studiert Klavier und Horn. Ist ab 1914
Kapellmeister in Berlin: Apollo, Komische Oper, Metropol.
Schreibt Musik zu dreissig Filmen.
Dumont, Cédric
„Er kam nicht gerne und war immer umgeben von zwei
bis drei bis vier bis fünf jungen Mädchen“, sagt
Ex-Orchesterchef Cedric Dumont über den Swingbandleader
Teddy Stauffer, der in den späten 1930ern beim
Schweizer Ehrenkonsul in Hamburg, Dumonts Vater,
Militärpflichtersatz bezahlt. In Talk Fritz,
Commihalle, Zürich 1998.
Dumont, Rudi
Musiker der Original Teddies: Trompeter.
Ebinger, Blandine
Schauspielerin, Chansonnière. Mit Friedrich Hollaender
verheiratet. Emigriert 1937 in die USA.
Blandine Ebinger schreibt: „Hollaender war schon 1933
nach Hollywood gegangen. Für mich wurde das Leben
in Deutschland immer schwieriger. Eines Tages legte man
Philine in der Schule eine Zeitschrift aufs Pult. Das
Titelblatt zeigte ihren entsetzlich entstellten Vater. Die Zeitschrift
hiess Der Stürmer.» In Blandine... Erinnerungen der
Schauspielerin und Diseuse Blandine Ebinger, Zürich 1985.
Siehe Hollaender, Friedrich.
Fields, Dorothy
Librettistin, Songtexterin. * 15. 7. 1904 Allenhurst, New
Jersey. + 28. 3. 1974 New York. Filmarbeit mit Jerome Kern
für Roberta und Swing Time (mit dem Song The Way
You Look Tonight, wofür’s einen Oscar gibt).
Franke, Richard
Musiker der Original Teddies: Saxophonist.
Friedrich, Helmut
Musiker der Original Teddies: Saxophonist, Klarinettist.
Friml, Rudolf
Komponist. * 7. 12. 1878 Prag. + 12. 11. 1972 Hollywood.
Begleitet 1901 als Pianist den Violinvirtuosen Jan Kubelik auf
einer Amerikatournee, kehrt 1906 von der zweiten nicht
mehr nach Europa zurück. Komponiert Operetten,
Walzermelodien. 1912 The Firefly; Sympathy; 1924 Rose
Marie (mit den Songs Rose Marie, The Mounties,
Indian Love Call); 1925 The Vagabond King; 1928 The Three Musketeers; 1937 Hollywood Musical The Firefly (mit
dem Hit-Song The Donkey Serenade).
Gershwin, George
Komponist. * 26. 9. 1898 New York. + 11. 7. 1937
Beverly Hills, California. Eltern Morris und Rose Gerswine
russische Einwanderer. 1919 Revue Swanee im
Capitol Theatre New York (Platten-Hit, gesungen von
Al Jolson); 1920 George White’s Scandals, gefolgt
von I’ll Build a Staircase to Paradise; Somebody Loves Me.
1924 Rhapsody in Blue; Lady Be Good; 1925 Tip Toes;
1926 Oh Kay; 1927 Funny Face; 1928 Rosalie (mit Sigmund
Romberg); 1928 An American in Paris; 1929 Show
Girl; 1930 Strike Up the Band; Girl Crazy.
Of Thee I Sing hat am 26. 12. 1931 am Broadway
Premiere. Die Satire auf die Regierung in Washington wird
mit dem Pullitzerpreis ausgezeichnet.
Im Oktober 1935 kommt Borgy and Bess heraus,
1937 A Damsel in Distress, Shall We Dance und
The Goldwyn Follies.
Gershwin, Ira
(Arthur Francis) Texter, Librettist. * 6. 12. 1896
New York. + 17. 8. 1983 Beverly Hills, California. Bruder,
Mitarbeiter und Nachlassverwalter von George Gershwin.
Gilbert, Robert
(David Winterfeld) „Leb wohl, Berlin, es muss
geschieden sein. Rixdorf, ich muss dich lassen. Anhalter
Bahnhof, ja, da steig ich ein und zieh dahin mein
Strassen. Allüber all die Hakenwimpel wehn, auch ein
SA-Mann sitzt mit im Coupé. Da, wo die galgenlangen
Pappeln stehn – Deutschland, ade. Wer weiss,
wann wir uns wiedersehn am grünen Strand der Spree...“
Das hat Robert Gilbert, der Textdichter von
Werner Richard Heymann, 1933 in sein Notizbuch
geschrieben.
Goebbels, Joseph
Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Präsident
der Reichskulturkammer. * 1897, + 1945.
Joseph Goebbels, Tagebücher, 1. 2. 1939: „Ich sehe
mir im Tonfilm die neuen Gesellschaftstänze an und finde dabei
nichts, was verboten werden müsste. Nur das Quäken von
englischen Tuben fällt mir auf die Nerven.“ Und im
übernächsten Absatz: „Die Verbotsmaschinerie gegen das
Kabarett der Komiker wird nun flott gemacht.“ In Die
Tagebücher von Joseph Goebbels, München 1998.
Joseph Goebbels bringt’s bereits 1930 in einem
Radiogespräch mit Erwin Piscator auf den Nenner „Jazz,
Negermusik, Saxophon“: „Amerikanische Kunst
überkommt uns grösstenteils in Europa in minderwertigen
Surrogaten. Der Ausdruck der amerikanischen Kunst sind Jazz, Negermusik, Saxophon und ähnliche Kulturerrungenschaften.“
„Wenn Amerika bahnbrechend in der Filmkunst ist,
so muss es sowohl seine Schauspieler, seine technischen Errungenschaften und alles, was dazu gehört, vom
Mutterlande Europa nehmen... Und wo es zu einer eigenen
Wesenheit vordringt, kommt es nicht weiter als
bis zu einem widerlichen, sentimentalen, kitschigen,
geschmacklosen Happy-End.“
In Parteiorganen wird Jazz zum „Juden-Jazz“, zum
„Nigger-Jazz“ gemacht. Die Bewegung, 6. 12. 1938 (Legende
zur Karikatur zweier schwarzer Jazztänzer): „Rauschgifte
für die weisse Rasse! Jazzproduktion – Judendomäne.“ Siehe
Baarova, Lida, siehe Brückner, Hans, siehe Hadamowsky,
Eugen, siehe Riefenstahl, Leni, siehe Schaeffers, Willi.
Goebbels, Magda
Die Ex-Millionärsgattin Magda Quandt ist als Magda
Friedländer eine überzeugte Zionistin. Und sie hängt sehr an
ihrem Stiefvater Max Friedländer, der jüdischen Glaubens
ist. Ihre erste grosse Liebe gilt Victor Arlosoff (in den 20er Jahren
ein Berater Chaim Weizmanns, der 1948 den Staat Israel
mit ausruft, dessen erster Präsident er wird).
Zur fanatischen Nationalsozialistin wandelt sie sich, als
sie 1930 Joseph Goebbels kennenlernt. Ihr sei es
„persönlich unangenehm, in den Verdacht zu kommen, mich
in einem jüdischen Modehaus einkleiden zu lassen“,
schreibt sie 1937 an die Deutsche Arbeitsfront, um die Schliessung
eines Modehauses am Kurfürstendamm zu erreichen,
dessen Eigentümer Jude ist.
Sie will Chefin eines NS-Mode-Amtes werden, was
Ehemann Joseph Goebbels, der Propagandaminister, ihr abschlägt.
„Publikumswirksam nahmen Prominentenfrauen wie
Magda Goebbels am ,Kriegshilfsdienst´ teil; sie arbeitete bei der
Rüstungsfirma Telefunken. Zur Fabrik fuhr sie mit der
Strassenbahn“, so Der Spiegel, 47/2000.
Goodman, Benny
Jazzklarinettist, Komponist, Bandleader. * 30. 5. 1909
Chicago. + 13. 6. 1986 New York. Er stellt im Frühjahr 1934 seine
erste Big Band zusammen, einen 12-teiligen Klangkörper
mit drei Saxophonen und drei Trompeten, zwei Posaunen und
vier Rhythmus-Instrumenten. Hat unter Dutzenden von
Orchestern Erfolg bei Audition in Billy Rose’s neuer Music Hall.
Beginnt Plattenaufnahmen bei Columbia.
Benny Goodman sagt: „Als wir drunten in den alten
Columbia Phonograph Studios an der Fifth Avenue
starteten, besassen wir nur wenig Notenmaterial, so Glenns
Basin Street Blues und einige Nummern, die wir
für Columbia aufgenommen hatten: Riffin' the Scotch,
Georgia Jubilee und so weiter.“
„Für Spezialarrangements, wie ich sie gern gehabt
hätte, konnte ich nicht viel Geld flüssig machen,
und wir mussten uns eben durchkämpfen, so gut es ging.
Einiges erhielten wir von Benny Carter (der zu den
besten Negersaxophonisten gehört und als Arrangeur nur
wenig Konkurrenz hat) und von Dean Kincaide, einer
Kanone unter den weissen Arrangeuren.“
„Erstmals an der Spitze eines Orchesters zu stehen,
mit einer Gruppe von Musikern zu arbeiten, aus
deren zwölf verschiedenen Stilarten etwas Einheitliches
gemacht werden musste, rückte mir vieles ins
Bewusstsein, das ich vorher gar nicht beachtet hatte.“
„Ich war durchaus nicht für jene Art von
Leadern, die vor einem Jazzorchester stehen und eine
Menge Verrenkungen machen, als dirigierten sie Bach oder
Mozart. Im Tanzorchester müssen die Effekte während
der Proben herausgeholt werden; andernfalls ist gar nichts
erreicht.“
„Ich wollte gute Musiker haben, an der Intonation
arbeiten, während der Proben eine Klangverschmelzung
und eine einheitliche Phrasierung erreichen. Nachher
war es dann Sache jedes einzelnen, auf dem Podium auf sich
selbst aufzupassen.“
„Des Kapellmeisters wesentliche Funktion auf
dem Podium besteht darin, das Tempo richtig anzugeben.
Falls die Jungen zu laut oder zu leise spielen, genügt
eine simple kleine Geste, ein Handaufheben oder ähnlich,
um ihr Spiel zu dämpfen oder anschwellen zu lassen.“
„Falls wir Nummern mit Solistenchorussen spielen, macht
ein Kopfnicken oder ein ausgestreckter Finger die
Musiker darauf aufmerksam, wer an der Reihe ist, sofern
das Stück nicht schon entsprechend arrangiert ist.“
„Ein erhobener Finger bedeutet einen weiteren Chorus
für den eben spielenden Solisten, und wenn ich die
Hand balle, dann wissen meine Leute, dass wir anschliessend
zum Schluss-Chorus des Arrangements übergehen.“
„Von ,showmanship´ mit Stabschwingen und
dergleichen habe ich nie viel gehalten. Wenn ich dirigierte,
konnte ich auch nicht so viel spielen, wie ich wollte,
und so spielen zu können, wie es mir passte, war doch eine
meiner Grundideen gewesen, als ich meine Formation
zusammen stellte.“
„Ich stellte mir vor, dass sich die Musik ohne
viele Gesten beim Publikum verkaufen würde, sofern sie nur
gut sei.“ In Benny Goodman, The Kingdom of Swing,
Harrisberg 1939, deutsch Mein Weg zum Jazz, Zürich 1961.
Während NS-Deutschland seine Platten verbietet,
erobert er in New York die Konzerthalle der Klassik:
Am 16. 1. 1938 findet Benny Goodmans Carnegie Hall
Concert statt.
Horst H. Lange sagt: „In der Tat war das grosse Angebot
an Jazz- und Swingplatten in den deutschen
Schallplattenkatalogen bis zum September 1939 gewaltig, und
– abgesehen vom Verbot von Benny-Goodman-Platten
Ende 1937, da man Goodman als ,antifaschistischen Juden´
entdeckt hatte – kann man feststellen, dass die besten
Jazzplatten Amerikas in Deutschland veröffentlicht wurden
und dazu noch auf Pressungen, die denen des
Auslands qualitativ weit überlegen waren.“
„Nebenbei gesagt gab es noch Benny-Goodman-Platten
in Brunswick- und Imperial-Katalogen von 1939 zu
finden.“ In Horst H. Lange, That’s Jazz, Darmstadt 1997.
Zum „Verbot von Benny-Goodman-Platten“ sagt
Horst H. Lange: „Im Herbst 1937 hatte Benny Goodman
in New York bei einer Art Wohltätigkeitsveranstaltung
für die im Spanischen Bürgerkrieg auf republikanischer Seite
Kämpfenden mitgewirkt.“
„Obwohl die Veranstaltung für die Opfer des Krieges
gedacht war, war es selbstverständlich, dass
Benny Goodman wenig Sympathien für die faschistische
Seite des Bürgerkrieges bekundete.“
„Da erst entdeckte man, dass Benny Goodman
Jude war, und erklärte ihn zu einem typischen Vertreter
der ,Verschwörung des internationalen Judentums´,
der für ,Rot-Spanien´ eintrete.“
„Benny Goodmans Platten, die hier in grösserer Anzahl
auf den Marken Brunswick, Columbia, Odeon,
Electrola, Special Record (Alberti) und Imperial erschienen
waren, wurden verboten.“ In Horst H. Lange, Jazz in
Deutschland, Hildesheim 1996.
Gordon, Mack
Textdichter, Songwriter, Vaudeville-Artist. * 21. 6. 1904
Warschau. + 1. 3. 1959 New York. Arbeitet mit Harry Revel
zusammen.
Gross, Wilhelm
Komponist. Wird von Hans Severus Ziegler bei der
Eröffnung der Ausstellung Entartete Musik in Düsseldorf 1938
als „Jude Wilhelm Gross“ für die Uraufführung von
Achtung, Aufnahme! gebrandmarkt.
Grothe, Franz
Der ehemalige Jazzpianist gehört mit Peter Kreuder
und Theo Mackeben zu den führenden Filmkomponisten
der NS-Zeit.
Guggenheim, Hans
Industrieller. Lässt sich in Neubabelsberg eine Villa
von Hermann Muthesius bauen, die Ufa-Star Brigitta Horney
„übernimmt“, als Guggenheim nach „Machtergreifung“
der Nazis emigriert. Auf der einst halbrunden Terrasse schreibt
Erich Kästner, so will es eine Legende, das Drehbuch
zum Film Münchhausen.
Guggisberg, Paul „Pole“
Musiker der Original Teddies: Schlagzeuger.
Gygax, Maurice
Musiker der Original Teddies: Trompeter.
Hadamowsky, Eugen
NS-Radiochef. * 1904, + 1944. Seit 1930 NSDAP-Mitglied.
Wird 1931 Berliner „Gau-Funkwart“, nach
„Machtergreifung“ 1933 „Reichssendeleiter“ und Vizepräsident
der Reichsrundfunkkammer, 1935 Vorsitzender ihrer
Fernsehgemeinschaft. Meldet sich 1943 zur Wehrmacht, fällt
1944 an der Ostfront.
US-Radiokorrespondent William L. Shirer, Berliner
Tagebuch, 24. 9. 1938: „Gerade als ich um zwei Uhr morgens
meine Übertragung mit den Ereignissen des Tages
und dem Verlesen des offiziellen Kommuniqués beginnen
wollte, kamen Goebbels und Hadamowsky, der
Nazi-Direktor des deutschen Rundfunks, herein und verboten
Jordan und mir sämtliche Berichterstattung, mit
Ausnahme des Kommuniqués.“
Laut „Reichssendeleiter“ Hadamowsky wird das Verbot
des „Niggerjazz“ am Radio 1935 erlassen, um mit
„zersetzenden Elementen in unserer Tanzmusik Schluss
zu machen“.
Eugen Hadamowsky, 12. 10. 1935: „Nachdem wir
heute zwei Jahre lang mit dem Kulturbolschewismus aufgeräumt
haben und Stein an Stein fügten, um in unserem Volk
das verschüttete Bewusstsein für die deutschen Kulturwerte
wieder zu wecken, wollen wir auch mit den noch
in unserer Unterhaltungs- und Tanzmusik verbliebenen
zersetzenden Elementen Schluss machen.“
„Mit dem heutigen Tag spreche ich ein endgültiges Verbot
des Niggerjazz für den gesamten deutschen Rundfunk
aus. Dieses Verbot ist kein Symptom für eine irgendwie geartete
Auslandsfeindschaft des deutschen Rundfunks, vielmehr
reicht der deutsche Rundfunk allen Völkern die
Hand zum freundschaftlichen Kultur- und Kunstaustausch.“
„Was aber zersetzend ist und die Grundlage
unserer ganzen Kultur zerstört, das werden wir ablehnen. Wir
werden dabei ganze Arbeit leisten. Der Niggerjazz ist
von heute ab im deutschen Rundfunk ausgeschaltet, gleichgültig
in welcher Verkleidung er uns dargeboten wird.“
„Er sei nicht etwa auch raffiniertere Instrumentation
irgendwelcher Tanzweisen. Er sei nicht etwa Rhythmus oder
Tempo im modernen Sinne, sondern er sei, so, wie
man ihn bei uns importierte, eine Angelegenheit von Halbwilden
und gehöre deshalb in ein Museum für Völkerkunde,
aber nicht in ein Kunstinstitut.“
„Zwischen dem Präsidenten der Reichsmusikkammer
und dem Leiter des Berufsstandes deutscher
Komponisten, der Hitler-Jugend, dem Reichsverband deutscher
Rundfunkteilnehmer, der Rundfunkfachpresse, der
Parteipresse und der Reichssendeleitung wurde die Schaffung
eines Prüfungsausschusses für deutsche Tanzmusik
bei der Reichssendeleitung vereinbart.“
„Dieser Ausschuss entscheidet für den Rundfunk
endgültig über die Aufführungsgenehmigung oder
das Aufführungsverbot eines Werkes.“
Hammerstein II., Oscar
Texter, Autor, Produzent, Verleger. * 12. 7. 1895
New York. + 23. 8. 1960 Doylestown, Pennsylvania. Kreiert
mit Show Boat nichts weniger als eine neue Gattung,
das Musical. Macht 1932 mit Jerome Kern zusammen das
Broadway-Musical Music in the Air, das 1934
verfilmt wird.
Hart, Lorenz
Librettist. * 2. 5. 1895 New York. + 22. 12. 1943 New York.
1936 On Your Toes (mit dem Song There’s a Small
Hotel); 1937 Babes in Arms (mit The Lady is a Tramp und
Where or When); 1938 The Boys from Syracuse.
Harvey, Lilian
Schauspielerin. * 1906, + 1968. Arbeitet seit 1929 für
die Ufa. Die Drei von der Tankstelle und Liebeswalzer machen
sie zum Weltstar. Geht im Januar 1933 nach Hollywood,
kehrt 1935 nach Berlin zurück.
Emigriert 1939 nach Frankreich, 1941 erneut
in die USA, nachdem sie Anfang Jahr in Zürich vier Titel
von Teddy Stauffer auf Platte sang.
Helgar, Eric
Sänger deutschsprachiger Titel bei Teddy
Stauffers Telefunken-Aufnahmen. Singt 1937 Peter Kreuders
NS-Deutschland-Marschlied 70 Millionen – Ein Schlag.
Herzog, Günter
Musiker der Original Teddies: Trompeter. Spielt Mitte
30er Jahre im Orchester Eduard Bauschke und
bei den Original Teddies. Gründet 1938 in Berlin eigene
Kapelle. Schallplattenaufnahmen. Soll Anfang des
Zweiten Weltkriegs gefallen sein.
Heymann, Werner Richard
Der in die Emigration getriebene Werner Richard
Heymann ist der Komponist von Ein Freund, ein guter Freund, „Marschlied aus der Tonfilm-Operette der Erich
Pommer-Produktion Die Drei von der Tankstelle“, wie es
in den gedruckten Noten der Ufaton 1930 heisst.
„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste,
was es gibt auf der Welt. Ein Freund, bleibt immer Freund,
und wenn die ganze Welt zusammenfällt. Drum sei auch
nie betrübt, wenn Dein Schatz Dich nicht mehr liebt. Ein Freund,
ein guter Freund, das ist der grösste Schatz, den’s gibt.“
Hitler, Adolf
„Der Führer“. Reichskanzler, Reichspräsident. * 1889
Braunau, + 1945 Berlin. Sitzt 1923 nach gescheitertem Putsch
in Festungshaft. Initiiert ab 1924 Neuaufbau der NSDAP,
installiert mit SA und SS paramilitärische Verbände.
Am 30. 1. 1933 beruft Hindenburg ihn zum Kanzler. Nach
Reichstagsbrand Ermächtigungsgesetz, das ab 24. 3.
1933 dem NS-Staatsterror zu Scheinlegalität verhilft.
Adolf Hitler, Mein Kampf, München 1925/1926:
„Die Tatsache, dass neun Zehntel alles literarischen Schmutzes, künstlerischen Kitsches und theatralischen Blödsinns auf
das Schuldkonto eines Volkes zu schreiben sind, das kaum ein Hundertstel aller Einwohner im Lande beträgt,
liess sich einfach nicht wegleugnen; es war eben so.“
Albert Speer, Erinnerungen, Frankfurt a. M./Berlin 1969:
„Hitler bevorzugte harmlose Unterhaltungs-, Liebes-
und Gesellschaftsfilme. Möglichst bald herbeigeschafft werden
musste auch alles mit Jannings und Rühmann, mit
Henny Porten, Lil Dagover, Olga Tschechova, Zarah Leander
oder Jenny Jugo.“
„Revuefilme mit vielen nackten Beinen konnten
seines Beifalls sicher sein. Öfter sahen wir ausländische
Produktionen, auch solche, die dem deutschen
Publikum vorenthalten blieben.“
Und: „In den Hunderten von Teegesprächen wurden
Fragen der Mode, der Hundeaufzucht, des Theaters
und des Films, der Operette und ihrer Stars behandelt, daneben
zahllose Kleinigkeiten aus dem Familienleben anderer.“
„Kaum äusserte Hitler sich über die Juden, über seine innenpolitischen Gegner oder gar über die Notwendigkeit der Einrichtung von Konzentrationslagern. Das hatte vielleicht
mehr mit der Banalität dieser Gespräche zu tun, als mit
irgendeiner Absicht.“ Siehe Baarova, Lida, siehe
Lehár, Franz.
Hohenberger, Kurt
Musiker der Original Teddies: Trompeter. * 28. 4. 1908
Stuttgart. + 15. 7. 1979 Kernen-Stetten. Spielt bei
Oscar Joost, auch bei Otto Stenzel im Scala-Orchester.
Bläst 1936 mit seinem Bruder Carl, Karl Kutzer
und Erich Puchert die Olympiafanfare.
Gilt als führender Jazztrompeter in Deutschland.
Gründet 1937 eigene Band, tritt im Quartier Latin
auf. Zahlreiche Platten-Aufnahmen. Auslandreisen. Hat
Auftritte im Wintergarten.
Hohenberger, Carl
Musiker der Original Teddies: Trompeter. Bruder von
Kurt Hohenberger.
Hollaender, Friedrich
Für seine „Revuetten“ arbeitet der Komponist drei Jahre
lang mit den Weintraub Syncopaters zusammen,
die er auch im Film Der blaue Engel von Josef von Sternberg
unterbringt, wo sie nicht nur zu hören, sondern
neben Marlene Dietrich – „von Kopf bis Fuss auf Liebe
eingestellt“ – auf der Bühne als Musiker auch
zu sehen sind. Siehe Ebinger, Blandine. Siehe Dietrich,
Marlene.
Höllerhagen, Ernst
Musiker der Original Teddies: Klarinettist.
Gilt als führender Jazzklarinettist in Deutschland. Bleibt
bei Kriegsbeginn 1939 in der Schweiz.
Horne, Lena
Sängerin, Tänzerin, Schauspielerin. * 30. 7. 1917 Brooklyn,
New York. + 9. 5. 2010 New York City. Beginnt als
Tänzerin mit 16 ihre Berufskarriere im Cotton Club, Harlem.
Geht als Sängerin mit Tanzkapellen auf Tournee,
so 1935–1936 mit Noble Sissle’s Orchestra, 1940–1941 mit
Charlie Barnet’s Big Band. Plattenaufnahmen Ende 30er
Jahre mit Teddy Wilson, 1941 mit Artie Shaw.
Broadway-Musical Blackbirds of 1939. MGM-Vertrag.
Filme Panama Hattie 1942, Cabin in the Sky 1943,
Stormy Weather 1943, Broadway Rhythm 1946, Ziegfield
Follies 1946, Till the Clouds Roll By 1946.
Horney, Brigitte
Brigitte („Biggy“) Horney ist als Schauspielerin um 1937
im deutschen (Revolutionshochzeit) wie im englischen Film
(Secret Life) engagiert: Wohnung in London, Villa in
Berlin-Dahlem (wo sie bis 1939 mit ihrem Vater zusammenlebt).
Michael H. Kater schreibt: „Internationale und
deutsche Stars waren hier (in Bars wie Sherbini, Kakadu
oder Ciro) regelmässig zu sehen, etwa Robert Taylor
und Brigitte Horney, der eine in der Presse vielbeachtete
Affaire mit dem lebenslustigen Stauffer hatte.“
In Michael H. Kater, Forbidden Fruit? Jazz in the Third Reich,
deutsch Gefährliches Spiel, Jazz im Nationalsozialismus,
Köln 1995.
1939 bringt sie Hans Guggenheims Villa am
Johann-Strauss-Platz 11 in Berlin-Babelsberg in ihren Besitz.
In der Remise der Villa hat Erich Kästner während des
Zweiten Weltkriegs Möbel und Bücher eingelagert. Hier nimmt
er 1945 an einer Besprechung der Ufa-Produktionsgruppe
teil, die sich aus dem ausgebombten Berlin ins Zillertal absetzt:
„Am Abend besprachen wir alles. In der über alten
Wagenremisen und Pferdeställen hübsch eingerichteten Kutscheretage, die zu Brigitte Horneys Babelsberger
Grundstück gehört. Es war zugleich der Abschied von Lottes
Barockschrank, den niederdeutschen Stühlen und
ziemlich kostbaren Büchern, die wir, nach den ersten Angriffen
auf Charlottenburg, hier untergestellt hatten.“ In Erich
Kästner, Notabene 45, Zürich 1961. Siehe Guggenheim, Hans.
Huber, Bob E.
Musiker der Original Teddies: Trompeter.
Isherwood, Christopher
Aus Episoden seines 1935 veröffentlichten
Romanfragments entsteht 1966 das Broadway-, 1972 das
Hollywood-Musical Cabaret – mit Liza Minelli als
Sally Bowles. Die ursprüngliche Vorlage: Christopher
Isherwood, Goodbye to Berlin, deutsch Leb wohl,
Berlin, Berlin 1997.
Jolson, Al
Sänger, Schauspieler. * 26. 5. 1886 Srednike (Seredzins),
Litauen. + 23. 10. 1950 San Francisco. Erst als Al
Jolson Swanee singt, wird aus dem Gershwin-Song ein Hit.
Er trägt als Hauptperson den ersten „Talkie“, der
vorerst eher einem mit Song-Einlage gekrönten Stummfilm
gleicht: The Jazz Singer, uraufgeführt am 6. 10. 1927.
Für das Musical bedeutet das: Broadway meets Hollywood.
Jones, Allan
Harry Guss hat 1935 für Variety den A Night at the
Opera-Previews mit Allan Jones auf der Bühne in Salt Lake
City beigewohnt: „In the review I called Allen Jones
,a young juv´. He was very quiet and very naive. They had
to prompt him to put a little gusto in his voice. After
all, he was a bit afraid as here he was playing with the
Marx Bros. who were big stars.“ In Groucho
Marx, Richard J. Anobile, The Marx Brothers Scrapbook,
New York 1974.
Joost, Oscar
Bandleader, Violinist, Tenorsaxophonist. * 9. 6. 1898
Weissenburg, Elsass. + 29. 5. 1941 Berlin
Erstes Engagement mit Bruder Ali (Albert) 1924
in Coswig an der Elbe. Spielt ab 1930 mit eigenem Orchester
in Berlin auf dem Dachgarten des Eden Hotels.
Häufig in der Femina engagiert, die er im Oktober 1935
wiedereröffnet. NSDAP-Mitglied seit 1933.
Veröffentlicht nach Stauffers Erfolg bei der Olympiade
am 16. 11. 1936 in Berlin eine Denkschrift zur
Kultivierung der Tanzmusik in Deutschland. Plattenaufnahmen.
Jurmann, Walter
Komponist. Siehe A Night at the Opera.
Kaper, Bronislau
Komponist. Siehe Alone, siehe A Night at the Opera.
Kästner, Erich
Schriftsteller. * 1899, + 1974. Erich Kästner schreibt: „Das Tausendjährige Reich hat nicht das Zeug zum grossen Roman.“
In Notabene 45, Zürich 1961. Siehe Horney, Brigitte,
siehe Guggenheim, Hans.
Kern, Jerome
Komponist. * 27. 1. 1885 New York. + 11. 11. 1945 New York.
1915 Very Good Eddie; 1917 Oh Boy; Leave it to Jane;
Smoke Gets in Your Eyes; 1925 Sunny; The City Chap; 1926
Criss Cross; 1927 Lucky; Show Boat; 1928 Blue Eyes;
1929 Sweet Adeline; 1931 The Cat and the Fiddle; 1932 Music
in the Air; 1933 Roberta (Broadway), 1935 Roberta
(Hollywood); 1936 Swing Time (mit den Songs A Fine Romance
und The Way You Look Tonight); 1939 Very Warm for May.
Kleindin. Teddy
Musiker der Original Teddies: Saxophonist, Klarinettist.
Später Leader eigener Bands.
Nimmt 1942 bei Telefunken auf – als Teddy Kleindin
Quartett Traumschöne Frau und als Tanzorchester
Teddy Kleindin Der Weg zu Dir. Letzteres bleibt als Originalplatte unveröffentlicht, die Testpressung wird in der Edition
Swinging Ballroom Berlin veröffentlicht.
Horst H. Lange sagt: „Diese Bands der Jahre von
1940 bis 1943 waren oft besser und jazziger als in den Jahren
von 1933 bis 1939. Es wurde Hotsolistik geboten
und simple deutsche Kompositionen arg ,verjazzt´, wobei
nichtssagende Titel derselben als Tarnung dienten.
Zu den markanten Musikern und Orchestern dieser Art gehörten
Benny de Weille und Teddy Kleindin, die den
Benny-Goodman-Stil kopierten.» In Horst H. Lange,
That’s Jazz, Darmstadt 1997.
Körner, Ludwig
Über den Wintergarten sagt Ludwig Körner, Präsident der Reichstheaterkammer, 1938: „Die festliche Erneuerung
des Hauses, das soziale Verständnis der Leitung,
die künstlerische Höhe der Darbietungen, die Durchbrechung
des Starwesens bei unverminderter Leistung, die
Förderung des Nachwuchses – der sich einmal im Jahr
mit einem ganzen Spielplan im ,Wintergarten´
vorstellt –, die Gewissenhaftigkeit, mit der nach eigenem
Augenschein aus dem ganzen Reiche, ja der Welt
die besten Kräfte verpflichtet werden, alle diese Dinge sind
Zeugen, dass nach der Machtergreifung mit Direktor
Ludwig Schuch ein allgemeiner Geist eingezogen ist, der
den ,Wintergarten´ zu einem führenden Beispiel
weltbedeutender und doch zugleich deutscher Artistik
zu machen geeignet war.“ In der Festschrift
50 Jahre Wintergarten 1888–1938, Berlin 1938.
Krause, Erhard
Musiker der Original Teddies: Posaunist.
Krenek, Ernst
Österreichischer Komponist. * 1900, + 1991. In die USA
emigriert. Wird wie Schönberg, Hindemith und Weill
1938 in der NS-Ausstellung Entartete Musik attackiert. Der
„Judenbastard Krenek“, der allerdings „arischer“
Abstammung ist, war in erster Ehe mit Anna Mahler verheiratet.
Von der Tochter des Komponisten Gustav Mahler hatte
er sich 1929 scheiden lassen.
Lamarr, Hedy
(Hedwig Kiesler) Filmschauspielerin. * 9. 11. 1914
Wien. + 19. 1. 2000 Orlando, Florida. Tochter
eines Bankdirektors. Zu ihren ersten Filmen gehört 1931
Man braucht kein Geld mit Hans Moser unter
der Regie von Carl Boese.
Sie ist 19jährig, als sie durch eine Nacktszene
im tschechischen Film Ekstase zu Berühmtheit gelangt.
In den USA wird der Film 1935 verboten, nachdem
das Bundesgericht die Geschichte der ehebrecherischen
jungen Frau eines impotenten älteren Manns für
unmoralisch und Heddy Lamarrs Gesichtsausdruck während
des Orgasmus für obszön hält.
Vom Rüstungsindustriellen Fritz Mandl, den Hedwig
Kiesler 1933 geheiratet hat, wird kolportiert, er sei im Versuch
gescheitert, sämtliche Ekstase-Filmkopien aufzukaufen
und zu vernichten.
1938 kommt sie, geschieden und mit MGM-Vertrag,
nach Hollywood. Macht Algiers, 1939 Lady of the Tropics, 1940
I Take This Woman, Boom Town und Comrade X (mit
Clark Gable).
1940, nach sechsjährigem Verbot, kommt in den
USA Ecstasy heraus.
1941 entsteht – unter Clarence Browns Regie –
Come Live with Me: Ein angesehener Schriftsteller (James
Stewart), geht mit einer Österreicherin (Hedy Lamarr)
eine Scheinehe ein, um sie vor der Ausweisung zu schützen.
Auf der Farm seiner Grossmutter verlieben sich die
beiden ineinander.
Ebenfalls 1941 dreht sie Ziegfield Girl (mit Lana Turner
und Judy Garland) und Esq H M Pulham. 1942 macht
sie Tortilla Flat (mit Spencer Tracy), Crossroads und White
Cargo; 1944 The Heavenly Body, The Conspirators
und Experiment Perilous; 1945 Her Highness and the Bellboy.
Dreht 1947 The Strange Woman und Dishonored Lady;
1948 Let’s Live a Little; 1949 Samson and Delilah
(unter Cecil B. DeMilles Regie); 1950 A Lady Without Passport;
und 1951 schliesslich My Favorite Spy.
1951-1952 ist Hedy Lamarr mit Teddy Stauffer
verheiratet, den sie in Acapulco kennenlernt.
In der Autobiographie, die sie später als „gefälscht“
bezeichnet, ist zu lesen:
„Als ich mich mit Teddy zu treffen begann, war er pleite.
Mir war es ein bisschen zu verdanken, dass er wieder
auf die Beine kam. Nicht, dass er es nicht auch so geschafft
hätte, aber es wäre wesentlich schwerer gewesen.“
„Wenn ich in seinem Hotel oder Restaurant sass, war ich
eine der Touristen-Attraktionen. Sie kamen in Massen,
um mich zu sehen und mein Autogramm zu bekommen; und
sie kauften Verpflegung und mieteten Unterkunft.“
„Ich war Teddys goldene Gans. Es gefiel mir nicht, nur
herumzusitzen, aber Teddy wurde unruhig, sobald ich
aufstand, um zum Strand oder sonstwohin zu gehen. Wo ich
war, waren die Massen. Klingt das unbescheiden?
Nun, es ist die Wahrheit. Teddy hat immer zugegeben, dass
er eine Pechsträhne hatte bis zu dem Tage, an dem
er mich kennenlernte.“
„Später – viel später – entdeckte Teddy, dass
die Felsentaucher ein mächtiger Magnet für die Massen
wären, wenn die Sache in der Nacht dramatisch
vor sich ginge, und er schlug Kapital daraus. Ich aber war
diejenige, die das Streichholz anzündete, das die
Rakete hochgehen liess.“ In Hedy Lamarr, Ecstasy and
Me – My Life as a Woman, deutsch Ekstase und
ich, Flensburg 1967.
Lanigiro
Swingband, vom Schweizer René Schmassmann
geleitet. Im Namen der Band – Lanigiro – steht das Wort
Original Kopf.
Lehár, Franz
Operettenkomponist. * 1870, + 1948. Komponiert 1905
Die lustige Witwe, 1909 Der Graf von Luxemburg
und 1929 Das Land des Lächelns. Lehár, kein Jude, hat eine
Jüdin zur Frau. Ein Jude ist auch der Librettist seiner
Operetten, Fritz Löhner-Beda.
Die lustige Witwe gilt als Hitlers Lieblingsoperette.
„Lehár“, so Rudolf Augstein, Der Spiegel, 47/2000, „dachte aber
nicht im Traum daran, sich bei Hitler für seinen jüdischen
Mitarbeiter zu verwenden.“ Siehe Löhner-Beda, Fritz.
Lenya, Lotte
Kurt Weill sagt 1929: „Sie ist eine miserable Hausfrau.
Aber eine sehr gute Schauspielerin. Sie kann keine Noten lesen,
aber wenn sie singt, dann hören die Leute zu wie
bei Caruso.“ Siehe Weill, Kurt.
Linder, Paul
Musiker der Original Teddies: Saxophonist.
Lion, Alfred
1936 hält sich Alfred Lion noch in Berlin auf. Ein Jazzer.
Ein Sammler. Schellacks. Er arbeitet für eine
Import-Export-Firma. Ein Schuljunge noch ist Alfred Lion eines Nachmittags zum Admiralspalast an der Friedrichstrasse
gekommen, um Rollschuh zu laufen, als dort gerade
The Chocolate Kidds auftreten. Für Alfred Lion wirds zum Motto
fürs Leben, wenn’s um die Essenz des Jazz geht:
„It must schwing.“ 1938 flieht Alfred Lion vor den Nazis
nach New York. Am 6. Januar 1939 macht er die
erste Platte (mit den Pianisten Albert Ammons und Meade
Lux Lewis, die er beim Spirituals to Spring Concert
zwei Wochen zuvor erstmals gehört hat) und gründet ein Label,
das Jazzgeschichte schreibt: Blue Note.
Lloassas, Juan
Bandleader, Pianist. * 27. 7. 1900 Barcelona, 21. 5. 1957
Salzburg. Kommt 1923 nach Berlin. Spielt 1925 mit eigener
Kapelle im Dachgarten des Eden Hotels. „Deutscher
Tangokönig.“ Engagements in Delphi, Femina, Europa-
Spiegelsaal.
Löhner-Beda, Fritz
Librettist der Lehár-Operetten, Lied- und Schlagertexter:
Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren; O Mädchen, mein
Mädchen; Was machst du mit dem Knie, lieber Hans;
Oh, du lieber Augustin, alles ist hin; Dein ist mein ganzes Herz!
Wird 1938 ins KZ Dachau eingeliefert, 1942 im KZ
Auschwitz erschlagen. Siehe Lehár, Franz.
Mackeben, Theo
Komponist, Dirigent, Bandleader. * 5. 1. 1897
Stargard. + 10. 1. 1953 Berlin. Beginnt 15jährig Konzerttätigkeit
als Pianist. Studiert 1915-1918 Komposition in Warschau.
Unternimmt Konzertreisen bis nach Indien.
Dirigiert 1928 im Berliner Theater am Schiffbauerdamm
die Premiere der Dreigroschenoper von Kurt Weill.
1929–1931 Aufnahmeleiter bei der Schallplattenfirma
Ultraphon, der Telefunken-Vorgängerin.
Nimmt mit Lotte Lenya Songs für Electrola und
Orchestrola auf. Spielt mit der Theo Mackeben
Jazzband im Film Fünf von der Jazzband (Deutsche
Grammophon 1932).
Sein Tango Sprich nicht von Treue, arrangiert
von Bandleader und Trompeter Sigmund Petruschka, wird
auf dem Berliner Presseball gespielt. Schirmherr ist
im Frühjahr 1935 Joseph Goebbels.
Wohnt 1936 in Berlin NW 40, Agricolastrasse 13-14.
Schreibt rund 50 Filmmusikpartituren: so 1936 für Mädchen
in Weiss oder Die Leute mit dem Sonnenstich
(Filmkomödie), 1937 für Patrioten (Ufa-Kriegsfilm mit
dem Lied Paris, du bist die schönste Stadt der Welt) oder
Daphne und der Diplomat (wo eine Tanzschule
auf Tournee geht).
Komponiert 1942 die Oper Rubens, die von der
Staatsoper angenommen, aber nach deren Bombardierung
nicht mehr gespielt wird. Komponiert ein Klavier-
und ein Violinkonzert.
Michael H. Kater schreibt: „Der Komponist Theo
Mackeben hatte mit Brecht und Weill in ihren späteren
Weimarer Produktionen zusammengearbeitet.
Im Dritten Reich wurde er allmählich zu einem der führenden
Filmkomponisten.“
„Er und seine Frau Loni Heuser, eine Kabarettistin
mit scharfem politischem Witz, wurden noch im Februar 1938
vom Grossdeutschen Rundfunk verdächtigt, Juden
zu sein, weil sie beide ihre Abstammung noch nicht offengelegt
hatten.“ In Michael H. Kater, The Twisted Muse,
New York 1997.
Madlung, Inga
Sie ist 18, ist Tochter eines liberalen jüdischen Hamburger
Anwalts. Jahrzehnte später erinnert sie sich an Teddy
Stauffer: „Toller Mann, und immer knusperbraungebrannt,
schneeweisse Zähne, chic. Jedes Mal, wenn ich zu
ihm ins Hotelzimmer kam, hatte er einen roten Morgenrock an,
passend zu seinen blonden Haaren.“ In Michael H.
Kater, Forbidden Fruit? deutsch Gewagtes Spiel, Köln 1995.
Inga und Jutta Madlung imitieren auf Swingparties
die Andrew Sisters, ihr Bruder begleitet sie am Flügel. Da wird
auf vielfachen Wunsch Bei mir bist du schön zu hören
gewesen sein, der erste grosse Platten-Hit der Andrew Sisters.
Mahler-Werfel, Alma
Tochter des Wiener Graphikers Jakob Emil Schindler.
Heiratet 1902 den Komponisten Gustav Mahler, 1915 den
Architekten Walter Gropius und 1929 den Schriftsteller
Franz Werfel, mit dem sie in die USA emigriert.
Massary, Fritzi
Sopranistin. * 1882 Wien, + 1969 Los Angeles. Kurt
Tucholsky schreibt: „Am schönsten – wie immer –
die Augenblicke, wo aus Tiefen unterirdisch dustre Herkunft
herausbricht – ein tiefer Kehlton, gefährlich und
siegesgewiss: Mir machst du nichts vor – ich weiss doch –
ich komme von unten...“ In Weltbühne, 51/1920.
Mehring, Walter
Schriftsteller. * 1896, + 1981. Hans Albers singt den
Seemannschoral. Die Platte heisst aber Seemannschor
und trägt den Vermerk „Textdichter: unbekannt“.
Geschrieben hat den Song ein „Textdichter“, der den
Nazis alles andere als „unbekannt“ ist. Der Mann –
es ist Walter Mehring – hätte nach dem Reichstagsbrand
verhaftet werden sollen. Er ist in letzter Minute
abgehauen, ins Exil nach Frankreich. Siehe Piscator, Erwin.
Mercer, Johnny
Textdichter, Komponist. * 18. 11. 1909 Savannah,
Georgia. + 25. 6. 1976 Los Angeles. Schreibt
1938 Hollywood-Musical Going Places (mit dem Song
Jeepers Creepers). Sing Out the News hatte das
Broadway-Musical dazu geheissen.
Miller, Glenn
Bandleader, Arrangeur, Posaunist. * 1. 3. 1904 Clarinda,
Indiana. + 15. 12. 1944 bei Flugzeugabsturz über englischem
Kanal. Kaum ein halbes Jahrzehnt hat seine Karriere
als Bandleader gedauert.
„In 1935“, schreibt Scott Yanow, „he helped organize
Ry Noble’s American Orchestra and led his first session, but
even by 1937, Glenn Miller was still obscure. He was
inspired by the success of many new big bands and he put
together an orchestra by his own.“
„That venture started out promising with some fine
recordings, but it soon failed, partly because it did not have
a personality of its own. In mid-1938 Miller tried again,
and although he had a recording contract with Bluebird, the
first year was mostly a struggle.“
„However, this time around, by having a clarinet double
the melody of the saxophones an octave higher,
he had his own trademark. An engagement at Glen Island
Casino in the summer of 1939 earned the orchestra
a regular radio broadcast and soon their recordings of Moonlight
Serenade (Miller’s theme), Sunrise Serenade and
particularly Little Brown Jug became hits, and by the end
of the year Glenn Miller was a household name and
his band was considered a sensation.“ In All Music Guide
to Jazz, San Francisco 1998.
The Glenn Miller Story. Universal 1954. Regie Anthony
Mann. Buch Valentine Davies, Oscar Brodney. Mit
James Stewart (Glenn Miller), June Allyson (Helen Burger,
später Helen Miller), Charles Drake (Don Haynes),
George Tobias (Si Schribman), Henry «Harry» Morgan
(Chummy MacGregor).
Musiknummern Chattanooga Choo-choo;
Basin Street Blues; Bidin’ My Time; I’m Looking at the
World through Rose-coloured Glasses; Everybody
Loves My Baby; Moonlight Serenade; Tuxedo Junction; Little
Brown Jug; Adios; St. Louis Blues March; In the Mood;
Elmer’s Tune; String of Pearls; Pennsylvania 6–5000;
Stairway to Stars; American Patrol; Over the Rainbow; I Know
Why; I Dreamt I Dwelt in Marble Halls; So Little Time.
Musikalische Adaption Henry Mancini. Yoe Yukl spielt für
James Stewart Posaune, Lyman Gandee für
Henry Morgan Piano.
Bosley Crowther, New York Times, 11. 2. 1954:
„Spannend inszeniert ist der Zufall, durch den Miller auf den
speziellen Sound seiner Band stösst (indem er die
Klarinette in den Vordergrund holt).“
Müssigbrodt, Max
Musiker der Original Teddies: Trompeter. Tritt zuvor
mit den Melody Serenaders im Moka Efti auf.
Negri, Pola
„Jazz Boy Charlie“ soll Pola Negri zu Charles Chaplin
gesagt haben, als sie ihn in Berlin kennenlernt, eines Nachts
Mitte März 1931 im Palais Heinroth.
Osterwald, Hazy
Hazy Osterwald, 1939 noch ein Gymnasiast,
erlebt im Corso Theater in Zürich Teddy Stauffer und
die Original Teddies:
„Noch nie hatte ich ein solch grosses Lokal
und ein solch grosses Orchester gesehen. Normalerweise
hatten Jugendliche unter 20 Jahren in Nachtlokalen
nichts zu suchen.“
„Am Nachmittag aber hatte niemand etwas
dagegen, ich setzte mich an einen kleinen, runden Tisch
und bestellte einen Tee. Das Orchester spielte
derweil ohne Teddy – das Lokal war auch nur schwach
besetzt –, während er nahe einer Dame
in einer Ecke sass.“
„In der Band dominierten zwei weisse Flügel
das Bild, und ich erkannte einen der Pianisten von Fotos her,
den Berner Buddy Bertinat.“
„Am meisten überwältigte mich die Leichtigkeit,
mit welcher dieser Band-Koloss von 16 Musikern
die amerikanisch orientierten Arrangements interpretierte.“
In Hazy Osterwald, Kriminaltango, Die Geschichte
meines Lebens, Bern 1999.
Piscator, Erwin
Regisseur, Intendant. * 1893, + 1966. Die Piscatorbühne
im Theater am Nollendorfplatz eröffnet mit Hoppla,
wir leben, der Uraufführung des Stücks von Ernst Troller mit
Chansontexten von Walter Mehring am 3. 9. 1927.
Über das Premierenpublikum schreibt der
Vorwärts, 5. 9. 1927: „Auf der einen Seite die feinen Leute,
die Frack und Smoking zur Feier des Abends gewählt
hatten und ihre Damen mit den schon frühzeitig
ausgemotteten Winterpelzen. mit vielleicht schon bezahlten
Perlenkolliers geschmückt – auf der anderen Seite
kattunbekleidet, mit Wandervogelhosen und Schillerkragen
die gesunden, sommerlich gebräunten Jünglinge
und Mädchen.“
Weitere Inszenierungen der Piscatorbühne
am Nollendorfplatz : 10. 11. 1927 Rasputin, die Romanows,
der Krieg und das Volk, das gegen sie aufstand
von Alexej Tolstoi und P. Schtschegolew, bearbeitet
von Erwin Piscator, Felix Gasbarra, Leo Lania
und Bertolt Brecht; 23. 1. 1928 Die Abenteuer des braven
Soldaten Schwejk von Max Brod und Hans Reimann,
bearbeitet von Piscator, Gasbarra, Lania und Brecht; 3. 9.
1929 Der Kaufmann von Berlin von Walter
Mehring; 14. 9. 1929 Die Räuber von Friedrich Schiller.
Porter, Cole
Komponist, Texter. * 8. 6. 1891 Peru, Indiana. + 15. 10.
1964 Santa Monica, California. Studiert in Yale und Harvard.
Komponiert für den Broadway, später für Hollywood.
1916 See America First, 1919 und 1922 Hitchy-Koo;
1924 Greenwich Village Follies (mit dem Song
I’m in Love Again); 1928 Paris (mit dem Song Let’s Do
It, Let’s Fall in Love); 1932 The Gay Divorcee
(Broadway, 1934 Hollywood); 1934 Anything Goes (Broadway,
1936 Hollywood); 1935 Red, Hot and Blue (mit dem
Hit-Song It’s De-Lovely); 1937 Rosalie (Hollywood-Musical
– mit dem Titel-Song Rosalie); 1938 You Never Know.
Prinz, Leroy (Jerome)
Choreograph. 14. 7. 1895 St. Joseph, Missouri. + 15. 9.
1983 Wadsworth, California. In Hollywood Regisseur
für Tanzszenen bei Cecil B. DeMille, der ihm sagt, er wolle
nicht Tanz, sondern „pageantry!“, Prunk. 1936 macht
er Anything Goes und Show Boat, 1937 Mountain Music.
1939 sagt Leroy Prinz: „The huge dance
ensembles as the audiences sees in pictures like The Great
Waltz, Alexander’s Ragtime Band and My Lucky Star
are going out of favor with producers because they are very
expensive. Personnally, I think they’re worth the cost.“
In Leroy Prinz, 3 Routines a Week, Dance Magazine, Juni 1939.
Revel, Harry
Songwriter, Pianist. * 21. 12. 1905 London. + 3. 11. 1958
New York. Tourt in Europa mit Tanzkapellen, schreibt
Musik für Shows in Paris, Kopenhagen, Wien, Berlin und
London, bevor er 1929 nach New York geht. Begleitet
Vaudeville-Artist Mack Gordon, mit demer eine „songwriting
partnership“ eingeht.
Broadway-Musical Ziegfield Follies of 1931.
Hollywood-Musicals 1933–1936 für Paramount, 1936–1938
für 20th Century-Fox: 1936 Stowaway (mit dem Song
Good Night My Love), 1937 schliesslich Wake Up and Live
(mit dem Song Never in a Million Years).
Riefenstahl, Leni
Regisseurin, Schauspielerin, Tänzerin. * 1907, * 2003.
Dreht 1932 Das blaue Licht, 1935 folgt der zweiteilige Reichsparteitagsfilm Sieg des Glaubens und Triumph des
Willens, 1936 der ebenfalls zweiteilige Olympiafilm
Fest der Völker und Fest der Schönheit, mit dem sie 1938
zu Hitlers Geburtstag in Berlin Premiere hat und
anschliessend international auf Werbetournee geht.
Spitzname „Reichsgletscherspalte“.
Joseph Goebbels, Tagebücher, 5. 2. 1939:
„Abends berichtet Leni Riefenstahl mir von
ihrer Amerikareise. Sie gibt mir ein erschöpfendes Bild,
das alles andere als erfreulich ist. Wir haben da
nichts zu bestellen. Die Juden herrschen mit Terror und
Boykott. Aber wie lange noch?“
Rodgers, Richard
Komponist. * 28. 6. 1902 Hammels Station, Long
Island, New York. + 30. 12. 1979 New York. Vater Arzt,
Mutter Pianistin. Rodgers komponiert 1918 16-jährig
die Revue Up Stage and Down.
Trifft Lorenz Hart, der Textautor seiner Musicals
wird. 1919 Fly with Me; 1920 Poor Little Ritz Girl; 1924 The
Melody Man; 1925 Garrick Gaieties (mit dem
Hit-Song Manhattan); 1932 Love Me Tonight (mit dem
Hit-Song Isn’t it Romantic?, gesungen von Maurice
Chevalier und Jeanette MacDonald);
1936 On Your Toes (Broadway, Hollywood 1939 –
mit dem Song There’s a Small Hotel); 1937 Babes in Arms
(Broadway, Hollywood 1939 – mit den Songs
The Lady is a Tramp und Where or When); 1938 The Boys
From Syracuse; 1939 Too Many Girls.
Das „Geheimnis Hits zu schreiben“ sei „jüdische
Melodien“ zu schreiben, sagt Cole Porter, als er 1926 Richard
Rodgers, trifft. The „secret of writing hits“ is to write
„Jewish tunes“: Porter sagt das, erzählt Rodgers, „dead
serious“.
Als „Jewish tunes“ bezeichnet Porter Titel
wie Night and Day, Begin the Beguine, Love for Sale, My Heart
Belongs to Daddy und I Love Paris. Damit gibt Porter
die im New York der 20er Jahre weitverbreitete Meinung
wider, Juden hätten den besonderen Stil populärer
US-Songs definiert. Zitiert nach Richard Rodgers, Musical
Stages. An Autobiography, New York 1975.
Rogers, Ginger
Tänzerin, Schauspielerin. * 16. 7. 1911 Independence,
Missouri, * 25. 4. 1995 Rancho Mirage, California.
1932 Flying Down to Rio; 1934 The Gay Divorcee; 1935
Roberta; Top Hat; Follow the Fleet; 1936 Swing Time;
1937 Shall We Dance.
Romberg, Sigmund
Komponist. * 29. 7. 1887 Nagy Kaniza, Ungarn. + 9. 11.
1951 New York. Studiert Musik in Wien. Emigriert
1909 in die USA. Komponiert Operetten. 1915 The Blue
Paradise; 1914, 1916, 1917, 1918 und 1919
Passing Shows; 1921 Blossom Time; 1924 The Student
Prince of Heidelberg; 1926 The Desert Song; 1928
Rosalie; New Moon; 1930 Viennese Nights; 1931 Children
of Dream; 1935 The Night is Young; 1938 The Girl
of the Golden West; 1939 Broadway Serenade.
Roosevelt, Franklin D.
US-Präsident. * 30. 1. 1882 Hyde Park, New York. + 12. 4.
1945 Warm Springs, Georgia. Als Kandidat
der Demokraten 1933 gewählt, 1936, 1940 und 1944
wiedergewählt.
„The new Nazi policy“, meldet im März 1943
der von Bern aus agierende OSS-Geheimdienstchef Allen
Dulles an Franklin D. Roosevelt, „is to kill Jews
on the spot rather than to deport them to Poland for
extermination there.“
Rühmann, Heinz
Berliner Illustrirte, 2. 12. 1937: „Der Mustergatte in Paris.
Bei der Vorführung des Films Der Mustergatte, den
die Reichsfilmkammer auf der Pariser Weltausstellung zeigte,
waren die Hauptdarsteller Heli Finkenzeller, Heinz
Rühmann und Leny Marenbach anwesend.“ Der „Mustergatte“
Heinz Rühmann ist mit Maria Bernheim, einer Jüdin,
verheiratet. Die Scheidung wird am 22. 12. 1938 vollzogen.
Rumpf, Max
Bandleader, Schlagzeuger. * 22. 6. 1906 Berlin. + 12. 9.
1987 Darmstadt. Tritt 1934 mit eigener Kapelle als
Max Rommé und seine Rommés in Berlin auf, im Juli 1937 –
mit zwölf Mann – erstmals im Delphi, wo er auch
1938 und 1939 gastiert. Dazu kommen Femina-Engagements.
Schaeffers, Willi
Joseph Goebbels, Tagebücher, 27. 10. 1938:
„Ich lasse Schäffers von Hanke verwarnen. Er macht wieder
politische Witze im Kabarett der Komiker.“
Joseph Goebbels, Tagebücher, 3. 2. 1939:
„Vorgestern: langer Kampf um das Kabarett der Komiker.
Ich stauche Schäffers’ zurecht. Er weint mir etwas
vor. Aber ich bleibe bei meinem Standpunkt: der politische
Witz wird ausgerottet. Und zwar mit Stumpf und Stiel.“
Scheibel, Elfriede
Inhaberin des Delphi nach Emigration und Tod
ihres Lebensgefährten Josef König. 1941 heiratet sie den
Swingbandleader Heinz Wehner.
Schleiffer, Riquet
Musiker der Original Teddies: Trompeter.
Schlösser, Rainer
Rainer Schlösser äussert über Die Aufgaben der
Fachschaft Bühne: „Aus einer Genossenschaft wird eine
Kampfgenossenschaft für die nationalsozialistische
Idee des Theaters, aus einem Verein wird vereinigte Hingabe
an dieselbe Idee, aus einem Verband wird Verbundenheit
mit den kulturellen Hochzielen des Dritten Reiches.“ In Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1936,herausgegeben von der
Fachschaft Bühne in der Reichstheaterkammer, deren
Präsident Rainer Schlösser ist.
Schumann, Coco
Im Delphi hört der kleine Coco Schumann Swing.
„Dort auf der Mauer, die den weitläufigen Vorgarten des
Delphi umrandete, sass ich mit meinen dreizehn
Jahren und beobachtete das Geschehen. Die Tänzer hotteten
auf der Tanzfläche im Freien durch die warmen
Sommernächte, die Bedienungen mussten nicht minder
elegante Verrenkungen vorführen, um zu den
überfüllten Tischen zu kommen.“
„Stauffers Band löste mit ihren Kapriolen wahre Begeisterungsstürme aus. Ich lauschte jedem Ton und
wünschte nichts sehnlicher, als endlich an dieser
Welt teilnehmen zu dürfen.“
„Wenigstens als zahlender Zuschauer, als eleganter
Tänzer – eben als Erwachsener und nicht mehr nur
als Zaungast. Die Bands begannen mit ihrem Programm
schon am Nachmittag und hörten erst spät in der
Nacht auf.“ In Coco Schumann, Der Ghetto-Swinger,
München 1997.
Schuster, André
Musiker der Original Teddies: Bassist.
Serrano, Rosita
Sängerin der Original Teddies. Siehe Mit Lehárs Vilja-Lied
um die Welt, siehe Ti Pi Tin.
Seymour, Felix
(Felix Simon) Tänzer, Choreograph,
Filmregisseur. * 23. 10. 1892 New York. + 16. 3. 1961
Los Angeles. 1928 Broadway-Musical Rosalie;
1936 Hollywood-Musical The Great Ziegfield; 1937
On the Avenue; 1938 Alexander’s Ragtime Band: Everybody
Sing; 1939 Broadway Serenade.
Hermes Pan sagt: „Seymour was one of the Sammy
Lee school, New York stage. You’d never think he was a dance
director to look at him. He looked like a shoe salesman...
As a matter of fact, most of the dance directors of that period
were sort of the hard-boiled, slangy types with the cigar,
who would shout at the girls, ,Get your fannies on... Get the
lead out!´ They were always sort of the nasty type...“
„Leroy Prinz would make some girls hysterical, he would
just love to have them in tears. And that seemed to be
the thing, to swear at the girls and be nasty.“ In John Kobal,
People Will Talk, New York 1985.
Shirer, Norman L
Norman L. Shirer, 25. 8. 1939 (sieben Tage vor
Nazideutschlands Überfall auf Polen): „Irgendwer in New
York besteht darauf, dass wir die Vorbereitungen
für ein vor mehreren Wochen geplantes Programm ,Europa
tanzt´ weiterbetreiben – Stimmungsbilder aus
Nachtlokalen in London, Paris und Berlin.“ In Norman L.
Shirer, Berlin Diary, 1934–1945, deutsch
Berliner Tagebuch, Leipzig 1991.
Spoliansky, Mischa
Komponist. * 28. 12. 1898 Bialystock. + 28. 6. 1985
London. Komponiert Revuen wie Es liegt in der Luft (mit den
Songs Wenn die beste Freundin und Ich weiss, das
ist nicht so) und Wie werde ich reich und glücklich, die er am
Flügel begleitet. Zu seinen Songs gehören auch
Heute nacht oder nie und Ich steh auf dem Boden der
Tatsachen. Quellen: Erich Urban, Skizzen, 7/1928. Viktor
Rotthaler, „Irgendwo in der Welt...“ Mischa Spolianski,
der „Komponist des Kurfürstendamms“. In Filmexil.
Berlin 1998.
In der Komödie am Kurfürstendamm sitzt der Komponist
Mischa Spoliansky bei der Revue Es liegt in der Luft 1928 selbst
am Flügel, „an der Spitze eines kleinen Jazz-Orchesters,
gebildet vielleicht aus sechs Leuten“, wie Erich Urban schreibt.
„Das Leben, die Liebe, in Berlin, am Kurfürstendamm,
in der Welt: ein Warenhaus. Man geht hinein, man sieht sich
alles an, man kauft oder auch nicht, man zahlt oder auch
nicht, und zum Schluss ist alles nicht gewesen, man tauscht
die Ware um, man gibt sie zurück. Das ist die Symbolik
dieser leicht hingeworfenen, beschwingten, geistreichen, mit
apart geformten Gesangstexten aufgeputzten, ironischen
– aber nicht zu sehr – Revue.“ In Skizzen, 7/1928.
Stauffer, Teddy
Ernest Henry Stauffer. Bandleader. * 2. 5. 1909 Murten,
Schweiz. + 27. 8. 1991 Acapulco, Mexiko. Teddy
Stauffer, Es war und ist ein herrliches Leben, Berlin 1968;
Teddy Stauffer, Forever is a Hell of a Long Time,
An Autobiography, Chicago 1976; Dölf Stöcklin / Joachim
Schütte, Teddy Stauffer – Discographie der Original
Teddies, Winterthur 1993.
Stenzel, Otto
Hauskapellmeister mit Flair für Jazz ist im Variététheater
Scala „Swingapostel“ Otto Stenzel, der im Oktober 1939 drei
Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen
verbringt, nachdem er auf einer Party in der Wohnung der
Sängerin Gertie Schönfelder zu einem Trinkspruch
auf das „Vierte Reich“ angehoben hat.
Michael H. Kater schreibt: „Sehr früh am nächsten Morgen
wurden Stenzel und einige seiner Freunde von
Gestapomännern verhaftet. Man benachrichtigte unverzüglich
Goebbels, und nach mehreren Tagen mit Verhören
und einer Beratung mit Polizeichef Reinhard Heydrich entschied
er sich für eine Haftstrafe in einern Konzentrationslager.“
Otto Stenzel kehrt– entgegen der Darstellung
von Michael H. Kater – als Bandleader in die Scala zurück.
„Otto Stenzel und sein Scala-Orchester“: So steht’s
im August 1940 im Scala-Programmheft.
Stengel, Theo
NS-Hetze: Theo Stengel/Herbert Gerigk, Lexikon der
Juden in der Musik. Mit einem Titelverzeichnis jüdischer
Werke, herausgegeben vom Institut der NSDAP
zur Erforschung der Judenfrage, Berlin 1941. Siehe Brückner,
Hans, siehe Hitler, Adolf.
Tauber, Richard
Michael Jürgs, Autor der Richard-Tauber-Biographie
Gern hab’ ich die Frau’n geküsst: „Am 5. März 1933
gewinnen die Nazis mit über 40% die letzten freien Wahlen.
Es folgen das Ermächtigungsgesetz und sofort daran
anschliessend, denn so war es gedacht: Verbote, Verhaftungen,
Verfolgungen. Am 9. März steht Richard Tauber im
Admiralspalast, der ein paar Tage geschlossen war, auf der
Bühne und will singen. Da holt ihn die Geschichte ein,
sie lassen ihn nicht mehr singen. Juden runter von der Bühne,
skandiert der Mob vom Rang, und die im Parkett
ducken sich verängstigt. Ende der Vorstellung.“ In Süddeutsche Zeitung, 7. 10. 2000.
The Chocolate Kidds
Alfred Polgar schreibt: „Sam Wooding heisst der Chef der
fabelhaften Banda. Die Männer des Ensembles, Step-
und Grotesktänzer ersten Ranges, gehen mit zwei Füssen auf
vieren und haben Gelenke, wie man sie nicht hat.“
In Weltbühne, 6/1926.
Thon, Franz
Musiker der Original Teddies: Saxophonist.
Todorovna, Tamara
Kabarettistin, Sängerin und Geliebte von Teddy
Stauffer, die an der Motzstrasse 1936 einen SS-Offizier
erschossen und sich umgebracht haben soll.
Toffel, Billy
Aus Mexico City schreibt 65 Jahre später
der Sänger der Original Teddies zwei Briefe. Er ignoriert
die Fragen, die Fritz Hirzel gestellt hat.
Billy Toffel, 22. 7. 2001: „After my depart
of Europe, my stay in the U.S.A. to end up in Mexico City,
married with three children and two great children.
my last job Vice-president of Polygram for Latin America.
I am 85 years old and feeling fine.“
André Billy Toffel Oberhansli, 14. 12. 2001:
„Ich bin vielleicht der enzig man in der welt, der so viel
weiss über mein langjährigen freund Teddy.
Die zeit 1936–1939 als sein sekretär, autoführer, und
natürlich, sanger und guitarist.“
„Dann wiedersehen in Amerika bis zum Schluss
in Mexiko. Ich war 3 mahl zeuge in seine Heirat Tumult.
Yute Lufthansa, luftwirtin in Acapulco, Hedy Lamar
in Los Angeles und Patricia Morgan in Los Angeles.“
„Ist auch taufzeuge mein sohn Philippe, hat mir sein
testador ernannt, gestorben am 4. august 1991.
Entschuldige mein rostig Deutsch, nach so vielen jahren.“
Über Toffel sagt Teddy Stauffer: „Aus
Lausanne kam der Sänger und Guitarrist André
Billy Toffel. So gut er war – als Schweizer
Sänger konnten wir ihn nicht verkaufen. In Europa
nicht und später in Amerika nicht. Von einem Sänger aus
der Schweiz hätten die Leute allemal befürchtet,
dass er jodelt. Also gaben wir ihn in Europa als den
amerikanischen Jazz-Sänger Billy Toffel aus,
in Amerika nannten wir ihn André Toffel, Heimatland
Frankreich.“ In Teddy Stauffer, Es war und ist
ein herrliches Leben, Berlin 1968.
Trommer, Jack
Musiker der Original Teddies: Pianist, Arrangeur, Komponist.
Warren, Harry
Songwriter. * 24. 12. 1893 Brooklyn, New York. + 22. 9. 1981
Los Angeles. Schreibt Broadway-, ab 1928 Hollywood-Musicals:
1937 Melody for Two (mit dem Song September in the Rain),
1938 Going Places (mit dem Song Jeepers Creepers).
Weber, Fritz
Bandleader, Violinist, Sänger. * 24. 1. 1909 Köln. Kommt
1934 mit einem Quintett nach Berlin in die Kakadu-Bar. Spielt
1935 im Europa-Spiegelsalon. Nimmt 1936 mit seinem
Orchester an der Finalrunde des vom Reichsrundfunk
veranstalteten Wettbewerbs um die beste deutsche Tanzkapelle
teil. 1937 und 1940 Engagements im Delphi.
Wehner, Heinz
Bandleader, Violinist, Sänger. * 21. 5. 1908 Einsal,
Westfalen. + 1945. Gründet Jazz-Trio, 1933 Sextett, mit
dem er in Berlin in der Ritz-Bar auftritt. Spielt 1934
im Europa-Pavillon. Ab 1935 mit Zehn-Mann-Orchester, das
im Europa-Spiegelsaal Furore macht. Telefunken-Platten,
besonders populär zwischen 1935 und 1937 White Jazz, Bugle
Call Rag, Aunt Hagar’s Blues, Bye Bye Blues und
Twilight in Turkey.
Weill, Kurt
Komponist. * 2. 3. 1900 Dessau. + 3. 4. 1950 New York.
Sohn eines Kantors in Dessau. Studiert in Berlin
in der Meisterklasse von Engelbert Humperdinck und
von Feruccio Busoni.
Komponiert Opern. 1926 Der Protagonist; 1928
Dreigroschenoper; 1930 Aufstieg und Fall der
Stadt Mahagonny; 1933 Der Silbersee; 1934 (in Paris, nach
seiner Emigration aus Deutschland) Marie Galante;
1936 (am Broadway) Johnny Johnson; 1938 Knickerbocker
Holiday (Premiere 19. 10. 1938).
Weille, Benny de
Musiker der Original Teddies: Saxophonist, Klarinettist.
Siehe Kleindin, Teddy.
Weintraub Syncopaters
Die Weintraub Syncopaters sind 1933 von einer
Auslandtournee gar nicht erst nach Deutschland zurückgekehrt.
1935 spielen sie auf UdSSR-Tournee. Teddy Stauffer
– die Teddies sind Bordkapelle auf S. S. Reliance – trifft sie
in Leningrad. Siehe Hollaender, Friedrich.
Wilson, Teddy
Jazzpianist. * 24. 11. 1912 Austin, Texas. Einer der ersten
schwarzen Musiker, der in einer prominent weissen
Band spielt. Nachdem Teddy Wilson sich 1933 in New York
Benny Carter’s Band angeschlossen hat, spielt er bei
Benny Goodman – 1935 informell, 1936 offiziell (und er bleibt
bei Benny Goodman bis 1939).
Wollenhaupt, Albert
Musiker der Original Teddies: Posaunist.
Youmans, Vincent
Komponist. * 27. 9. 1898 New York. + 5. 4. 1946 Denver.
Verkauft Pianos, stellt piano rolls her. Beginnt im
Ersten Weltkrieg zu komponieren. Schreibt Broadway-Musicals.
1921 Two Girls in Blue; 1923 Wildflower; Mary Jane
McKane; 1924 Lollipop; 1925 No, No, Nanette; 1926 Oh, Please;
1927 Hit the Deck; 1928 Rainbow; 1929 Great Day;
1930 Smiles; 1933 das Hollywood-Musical Flying Down to Rio.
Ziegler, Hans Severus
Der Eröffnungsredner zur Ausstellung Entartete Musik
in Düsseldorf 1938 ist Generalintendant am Nationaltheater
in Weimar, wo bereits vor der „Machtergreifung“ von
1933 die NSDAP „regiert“. Bei der Installation von Hans Severus
Ziegler wird der Dirigent Ernst Praetorius entlassen,
der in Weimar seit 1924 Generalmusikdirektor gewesen ist.
Zinstag, Dolf
(Claude Yvoire) Musiker der Original Teddies
(1939–1942): Kontrabassist, Posaunist.
Dolf Zinstag sagt 1993: „Bei Kriegsausbruch
gab es grosse Veränderungen und mehrere Mitglieder
der ,Teddies´ wurden vom Staat als Soldaten
eingezogen und andererseits kamen Schweizer Musiker
vom Ausland zurück.“
„So formte Teddy Stauffer ein neues Team.
Ich fand mehrere sympathische Kollegen, welche ich als
Musiker hoch einschätzte und mit denen ich gute
Freundschaft schloss: Ernst Höllerhagen, Casi Bonjour,
René Weiss, Denis Chapelet, Billy Toffel, Buddy
Bertinat und speziell Jack Trommer.“
„1941 verliess uns Teddy Stauffer (er fuhr nach
Amerika). Die Arbeit ging weiter unter Eddie Brunner, aber
die Atmosphäre war nicht mehr die gleiche.“ In Dölf
Stöcklin / Joachim Schütte, Teddy Stauffer Discographie,
Winterthur 1993.