Passagiere des Glücks weiter zurück
LACHEN ALS SCHMERZMITTEL
Lachen setzt im Gehirn Beta-Endorphin frei, das
zuerst als pain killer bekannt geworden ist.
Beta-Endorphin ist eine in den 1970ern entdeckte
körpereigene Substanz, die luststeigernd, stimmungsaufhellend und schmerzlindernd wirkt.
Fritz Hirzel, Passagiere des Glücks. Wem Lachen auf
die Sprünge hilft. Essay. 140 Seiten. Berlin 2004.
Lachen bringt unser Zwerchfell zum Hüpfen, spannt die Körpermuskulatur an, steigert den Blutdruck,
beschleunigt die Atmung, erhöht die Lungentätigkeit, führt uns
mehr Sauerstoff zu.
Lachen durchblutet Gesicht und Kopf stärker, lässt uns
erröten, setzt Tränendrüsen in Gang, lässt uns Lachtränen
vergiessen, regt Verdauungsdrüsen an, steigert die
Herztätigkeit und produziert Immunglobuline, Antikörper also,
die in der Reaktion mit Antigenen möglicherweise
unser Immunsystem aktivieren.
Wir biegen, krümmen uns, halten uns den Bauch vor Lachen.
Sich vor Lachen zu kugeln kann weh tun, aber Lachen
kann auch Schmerzmittel sein. Es setzt im Gehirn Beta-Endorphin
frei, das zuerst als pain killer bekannt geworden ist.
Endorphin ist die Abkürzung für endogenous morphine,
eine in den 1970ern entdeckte, körpereigene Substanz,
die luststeigernd, stimmungsaufhellend und schmerzlindernd wirkt.
Runnner’s High, die begehrte Mischung aus Glückgefühl,
Losgelöstsein und veränderter Wahrnehmung bei
Langstreckenläufern, wird zum Teil darauf zurückgeführt.
Das Gehirn setzt, wenn wir Hochleistung bringen,
vermehrt Beta-Endorphin frei. Was den Ausstoss befördert,
ist extreme körperliche Anstrengung, physischer und
psychischer Stress.
Zwei Stunden schmerzfreier Schlaf
Entdeckt hat Beta-Endorphin Choh Hao Li, der das Hormone
Research Laboratory der University of California
San Francisco leitet, ein 1913 in Kanton, China geborener
Industriellensohn, den seine Freunde „C. H.” nennen,
ein Forscher mit Glück und Intuition, der viel gelacht, heftig
diskutiert hat mit Graduierten, als Professor Anfang der 1950er.
Fun habe der Mann geboten, harte Arbeit mit Drive,
amerikanischen Sinn für Humor gar. Das beteuert zumindest
R. David Cole in einem Nachruf auf den 1987
Verstorbenen.
Li hat Beta-Endorphin Anfang 1976 entdeckt. Im selben Jahr
veröffentlicht der Journalist Norman Cousins in The New
England Journal of Medicine einen fünfseitigen Beitrag, Anatomy
of an Illness (As Perceived by the Patient).
Sein Erfahrungsbericht gipfelt in der Feststellung,
zehnminütiges, intensives Lachen (Marx-Brothers-Video!)
verhelfe ihm zu zwei Stunden schmerzfreiem Schlaf.
Von Beta-Endorphin hat Cousins 1976 noch nichts gehört.
Er leidet an einer degenerativen Entartung der Grundsubstanz
seiner Gelenke und Wirbelsäule.
Ärzte haben sie als spondylitis ankylosans diagnostiziert.
Cousins gaben sie noch einige Monate zum Leben.
Mehr als ein Jahrzehnt ist das her. Und Cousins, inzwischen
einundfünfzig geworden, ist gerade auf dem Weg
zum Bestsellerautor.
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