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RADIO
SA heisst in Berlin Sturmabteilung, am
Broadway und in Hollywood ist es die Abkürzung
für Sex Appeal. Hier hallt es nach – das
Klickerdiklack aus dem Tanzfilm der 1930er, bei
Fred Astaire und Ginger Rogers, die mit
Swing Time herauskommen.
Fred Astaire and Ginger Rogers in
Top Hat Swing Time Shall We Dance
Tanzkapellen sowie Gesangs- und Klassikwiedergaben
gehören beim amerikanischen Publikum zu den beliebtesten
Formaten bei Radioprogrammen. Das stellt eine
Umfrage fest, die der Ross Federal Service for Radio Art
durchgeführt hat. Sie wird im Motion Picture Herald
vom 23. August 1934 veröffentlicht.
Aus der in Boston, Chicago, Kansas City, Milwaukee,
New York und St. Louis durchgeführten Befragung
geht hervor, dass das Publikum bei Unterhaltung mit Dramatik
noch immer Theater und Kino bevorzugt. Die
Ergebnisse zeigen, dass Musik mit über 50 Prozent alle
anderen Sparten im Radio weit übertrifft.
Das Radio hat in den 1930ern die Tanzmusik.
Es konkurrenziert erst recht den jungen Tonfilm, seit Movie
Stars in Radioshows auftreten.
„Durch Columbia Records, MCA (Music Corporation
of America) und die Rundfunknetze machte die New Yorker
Linke den Swing landesweit bekannt“, schreibt Eric
Hobsbawm im Buch Ungewöhnliche Menschen, Untertitel
Über Widerstand, Rebellion und Jazz, München 2001.
„Ich sehe mir im Tonfilm die neuen Gesellschaftstänze
an und finde dabei nichts, was verboten werden
müsste. Nur das Quäken von englischen Tuben fällt mir
auf die Nerven“, schreibt Joseph Goebbels am 1.
Februar 1939 in sein Tagebuch.
Das nationalsozialistische Radioprogramm,
das der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda
verantwortet, wird denn auch dominiert von Tanz-
und Unterhaltungsmusik.
„So weist eine statistische Aufschlüsselung des Rundfunkprogramms etwa für das Jahr 1938 dann auch aus,
dass Blas- und Volksmusik zusammengenommen
nicht mehr als 2,5 Prozent des Gesamtprogramms ausmachten,
wogegen 60 Prozent der Tanz- und Unterhaltungsmusik
vorbehalten waren, 8 Prozent gingen an die E-Musik, der Rest
waren Wortsendungen“, schreibt Peter Wicke im Beitrag
Populäre Musik im faschistischen Deutschland, herausgegeben
von Sabine Schutte im Band Ich will aber gerade
vom Leben singen, Hamburg 1987.