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SICH NÄHERKOMMEN


Enthält das Lachen akustische Signale? Sendet

die Frau sie unbewusst aus um sich zu

vergewissern? Steuert sie mit hohen Lachtönen

den Mann bei seinem Annäherungsversuch?



               Fritz Hirzel, Passagiere des Glücks. Wem Lachen auf

               die Sprünge hilft. Essay. 140 Seiten. Berlin 2004

 

Was bei den Hörern rasch positive Gefühle auslöst, ist das

stimmhafte Lachen, nicht aber das stimmlose. Diese

Feststellung trifft Jo-Anne Bachorowski, die mit Michael J. Owren

im Mai 2001 in der US-Fachzeitschrift Psychological

Science einen fünfseitigen Beitrag veröffentlicht. Er erscheint

unter dem Titel Not All Laughs Are Alike: Voiced

but Not Unvoiced Laughter Readily Elicits Positive Affect.

      Ein paar Beispiele hat Jo-Anne Bachorowski ins

Internet gestellt. Kurze Lachgeräusche, die sich anklicken

lassen. Auf der Website des Vocal Acoustic Laboratory,

das sie an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee leitet.

      Ein „grunz-ähnliches” Lachen erfolgt durch den Mund,

ein „schnaubendes” hauptsächlich durch die Nase. Und hier

genau liegt der „kleine Unterschied” der Geschlechter,

den Jo-Anne Bachorowski festgestellt hat.

      Frauen produzieren zu 50 Prozent ein „sing-ähnliches”,

zu 25 Prozent ein „grunz-ähnliches” und zu 25

Prozent ein „schnaubendes” Lachen.

      Männer hingegen produzieren jede der drei Lacharten

zu 33 Prozent.


Lachgeräusche, Vocal Acoustic Laboratory

http://www.psy.vanderbilt.edu/faculty/bachorowski/laugh.htm


Novalis, Den stärksten Witz hat die Leidenschaft

http://www.lyrik.ch/lyrik/spur3/novalis/novalis3.htm



Sie lacht singender  

Aber warum? Jo-Anne Bachorowski hat jeweils eine Frau

und einen Mann zusammengebracht. Beide kennen

sich nicht. Sie sehen sich gemeinsam Clips der Filmkomödien

When Harry Met Sally und Monty Python and the

Holy Grail an. Dabei lässt Jo-Anne Bachorowski ihre

Lachgeräusche aufnehmen um sie zu analysieren. 97 Freiwillige machen mit, 1024 Lachepisoden entstehen.

      Lachen ist ein unartikuliertes Geräusch. „Tii-hii”, „ha-ha” oder

„ho-ho” hat Jo-Anne Bachorowski nicht festgestellt.

So haben die Frauen und Männer nicht gelacht, nicht ein

einziges Mal. Und noch etwas überrascht. Beide

Geschlechter lachen bei dieser Studie in höherer Tonlage und

Frequenz, als die Psychologin erwartet hat.

      Männliche Lachgeräusche liegen manchmal über 1000 Hertz.

Das kommt dem hohen C einer Sopranistin gleich.

Aber weibliche Lachgeräusche liegen manchmal noch eine

Oktave höher, über 2000 Hertz. Möglicherweise

ist es eine solche Akustik, die mit der Lachstrategie der Frau

direkt zu tun hat.


Warum sie lacht, wenn er ernst wird

Die Feststellung hat es in sich, sie berührt eines der

ungelösten Rätsel zwischen den Geschlechtern und ihrem Umgang miteinander. Jo-Anne Bachorowski gibt sich vorsichtig,

wenn sie meint: Fremde Männer sind für Frauen potenziell

gefährlich, weil sie physisch überlegen und stets auf

Gelegenheiten für Sex aus sind.

      Zudem haftet Männern das Vorurteil an, das freundliche

Verhalten von Frauen für sexuelle Verfügbarkeit zu halten.

Indem die Frau das Lachen verwendet, um das Erregungs- und Gefühlsreaktionssystem eines Mannes zu beeinflussen,

kann sie seine emotionale Einstellung ihr gegenüber kontrollieren.

      Sie macht das durch die hohen Tonlagen, die sie im Lachen

produziert. Die wirken auf den Mann aktivierend, aufregend. Und

da er in Gesellschaft einer Frau dazu neigt, seinen aktivierten

Zustand positiv zu erleben, gelingt es so der Frau ihn sich günstig

zu stimmen. Sie produziert akustisch extreme Lacher.

      Ihre Absicht ist unbewusst. Sie gewinnt dem Mann

einen höheren Grad emotionaler Zuwendung ab. Eben das ist

der Zweck des Lachens. Es soll den Mann emotionalisieren.

Es soll sein Verhalten zu ihren Gunsten drehen.


Wie er sie beeindruckt  

Anders sieht die Sache für den Mann mit einer ihm fremden

Frau aus. Unter diesen Umständen begleitet Frauen

das Vorurteil eher vorsichtig zu sein. Wenn ein Mann die Frau beeindrucken will, so sollte er keine Lachgeräusche

produzieren, die ihren Erregungs- oder Aktivierungszustand

erhöhen.

      Angesichts eines fremden Mannes könnte die Frau die

Erregung negativ empfinden und sich in Gegenwart

dieses Mannes möglicherweise eingeschüchtert vorkommen,

unbehaglich.

      Deshalb wird’s für den Mann ergiebiger sein, anfangs

einige unschuldige Lacher in ziemlich niedriger Tonlage zu

produzieren und das Lachrepertoire erst im Lauf der

sich entwickelnden Beziehung auszuweiten.

      Sein Lachen, das auf sie sympathisch wirkt, ist nicht

bedrängend. Es signalisiert akustisch ein leichtes Zurückweichen.

Es lässt ihr genügend Raum.


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