Passagiere des Glücks weiter zurück
IM FANGNETZ
Psychoanalytische, Inkongruenz- und Überlegenheitstheorie? Das Lachen im Fangnetz
der Theorie: Wie Sie aktuelle Ansätze der Humorforschung in angemessener Zeit überblicken.
Fritz Hirzel, Passagiere des Glücks. Wem Lachen auf
die Sprünge hilft. Essay. 140 Seiten. Berlin 2004
Inkongruenztheorie
Humor entsteht, wenn sich eine Inkongruenz ergibt zwischen
dem, was wir erwarten, und dem, was wir bekommen.
Bei der Inkongruenz geht es um Konflikte, Ambivalenzen,
Unsicherheiten, Ängste, Widersprüche, wie sie im
Zusammenleben unter Menschen geschaffen, weitergeleitet
und im Lachen aufgelöst werden.
Das Lachen entsteht aus „nichts anderem als aus
der plötzlich wahrgenommenen Inkongruenz”, schreibt Arthur
Schopenhauer in seinem 1820 in Leipzig erstmals
veröffentlichten Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung.
Überlegenheitstheorie
Die Überlegenheitstheorie interpretiert Humor durch
seine soziale Perspektive. Sie geht davon aus, dass wir Dinge
lustig finden, wenn wir uns anderen gegenüber überlegen
fühlen.
Kurios nennt Charles Darwin die vielen Erörterungen darüber,
warum Erwachsene lachen. „Gewöhnlich scheint der Grund
etwas Inkongruentes oder Unerklärliches, aufgeregte Überraschung und irgendein Gefühl der Überlegenheit im Lachen, das
für das Bewusstsein in einem glücklichen Zusammenhang steht”,
schreibt er 1872 In The Expression of the Emotions in
Man and Animals.
Psychoanalytische Theorie
Um eine Art von Gefühlshydraulik geht es in der
psychoanalytischen Theorie, die verdeckte Inhalte hervorhebt.
1905 veröffentlicht Sigmund Freud sein Buch Der Witz
und seine Beziehung zum Unbewussten. Darin erkennt er im
angewandten Humor einen problemlösenden Mechanismus.
Humor camoufliert Aggression. Der Witz erlaubt die
Befriedigung lüstern-aggressiver Triebe.
Kognitive Theorie
Widersprüchlichkeit bestimmt Jean Piagets kognitive Theorie.
Sie geht davon aus, dass Humor entsteht, wenn ein
Individuum konfrontiert ist mit Information paradoxer oder entgegengesetzter Natur.
Spieltheorie
Spielerische Aspekte rückt eine neuere, in Entwicklung
begriffene Theorie in den Vordergrund. Sie versteht Humor
in seiner sozialen Funktion. Humor dient dazu eine
spiel-ähnliche Umgebung zu schaffen.
Theorie vom inneren Auge
Evolutionary Psychology stellt 2003 The Inner Eye Theory
of Laughter von W. E. Jung vor. Ein inneres Auge löst
Lachen aus: Lachen setzt Gedankenlesen voraus, es trägt
zur kommunikativen Verständigung bei.
Theorie vom falschen Alarm
Bereits 1988 hat Medical Hypotheses einen Beitrag
zu Neurologie und Evolution von Humor, Lachen und Lächeln veröffentlicht, V. S. Ramachandrans False Alarm Theory.
Das Lachen hat mit Bedrohung zu tun, es entsteht
aus einer Deflation der Erwartung. Den lauten explosiven Ton
produzieren Primaten, um Artgenossen zu informieren:
Es ist „falscher Alarm” gewesen, ihr braucht nicht
weiter drauf zu achten.